Beide Eltern sind dem Kind umfassend zur elterlichen Sorge verpflichtet; auch wenn sie getrennt leben, ist nicht ein Elternteil auf "nur versorgen" oder "nur Barunterhalt leisten" beschränkt. § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB begünstigt demgegenüber manchmal die falsche Vorstellung, ein Elternteil erfülle seine Kindesunterhaltspflichten bereits umfassend durch die Zahlung des Barunterhalts, und er zahle "alles". Dem ist nicht so. Die umfassende elterliche Unterhaltspflicht beider Eltern folgt aus §§ 1601, 1606 BGB, und nach dem Grundsatz des § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB haften beide Eltern für die Deckung sowohl des Bar- wie auch des Erziehungsbedarfs anteilig – und zwar auch im Falle einer Trennung. Die Sonderregel des § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB spaltet diese umfassende Pflicht auf. Aber da die Mutter Naturalunterhalt gewährt und das Kind auch an der Lebensstellung der Mutter teil hat, leistet sie mehr als lediglich "immaterielle" Kindesunterhaltsbeiträge durch Pflege und Erziehung. Auch der barunterhaltspflichtige Elternteil "zahlt nicht alles" und erfüllt durch Barunterhalt seine Elternpflicht nicht vollständig.

Betrachtet man öffentliche Debatten und Mediendiskurse, so ist es offenbar kein Alltagswissen, dass sich der Bedarf des Kindes grundsätzlich nach der Lebensstellung beider Eltern richtet – was im Wechselmodell wichtig ist, wenn es Einkommensunterschiede zwischen den Eltern gibt. Denn würde die Barunterhaltspflicht für das Kind bei gleicher Betreuung durch die Eltern einfach entfallen, so würde dies bei ökonomisch ungleichen Verhältnissen der Eltern offensichtlich zu Ungerechtigkeiten führen. Die Forderung nach völligem Wegfall der Barunterhaltspflicht beim praktizierten Wechselmodell wird in der öffentlichen und medialen Diskussion aber durchaus vertreten, auch von einigen Vätervereinigungen, die dies fordern, sobald Eltern jeweils die hälftige Betreuung anbieten und übernehmen.[14]

[14] Vgl. z.B. http://www.papa-lauf.de/40251.html, dazu Scheiwe/Wersig, Cash und Care, 2011, 198.

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