1. Ist der Ehemann selbstständig unternehmerisch tätig und beabsichtigt er bei Abschluss des Ehevertrages nach vorangegangener Insolvenz den erneuten Aufbau einer Existenz als Selbstständiger, so hat er ein berechtigtes Interesse, durch Vereinbarung von Gütertrennung die wirtschaftliche Substanz seiner Erwerbsgrundlage, die durch zugewinnausgleichsbedingte Ausgleichszahlungen im Fall des Scheiterns der Ehe gefährdet werden könnte, zu erhalten. Dies gilt vor allem, wenn er aus zwei zuvor geschiedenen Ehen in erheblichem Maße finanziell verpflichtet ist.

2. Der ehevertragliche Ausschluss des Alters- und Krankenunterhaltsanspruchs ist dann unbedenklich, wenn die Ehefrau bei Eheschließung gesund und in ihrer Erwerbsfähigkeit nicht eingeschränkt und bereits Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung erworben hat, die ihr die Sicherheit einer Grundversorgung bieten. Auch gegen einen Ausschluss des Unterhalts wegen Erwerbslosigkeit bestehen keine Bedenken, wenn die Ehefrau nach der Eheschließung zunächst vollschichtig weiterarbeitet. Der Ausschluss des nachehelichen Unterhalts hält der Inhaltskontrolle jedenfalls stand, wenn der Vertrag als Kompensation zugunsten der Ehefrau die Verpflichtung des Ehemannes zur Zahlung eines sechsstelligen DM-Betrages zuzüglich der bis zur Scheidung aus diesem Betrag sich ergebenden Erträge vorsieht.

3. Auch die Ausübungskontrolle führt nach Eintritt einer schwerwiegenden Erkrankung der Ehefrau nicht zu einer Anpassung des Ehevertrages, wenn die Ehefrau im Zusammenhang mit der gemeinsamen Lebensplanung keine wirtschaftlichen Risiken auf sich genommen hat, die sich nunmehr – nach dem Scheitern der Ehe, aufgrund ihrer Erkrankung und als Folge des Verzichts auf Unterhalt und Versorgungsausgleich – als eine einseitige Belastung erweisen würden. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Ehefrau neben dem im Ehevertrag vorgesehenen Ausgleichsbetrag für den Anteil am gemeinsamen Haus abgefunden ist und auch einen namhaften Betrag als Abfindung für Hausratsgegenstände erhalten hat.

4. Im Rahmen der gebotenen Gesamtschau ist zu berücksichtigen, dass die Ehefrau selbst über ein erhebliches Vermögen verfügt, so dass sie ohnehin gehalten wäre, ihren Lebensunterhalt – zumindest teilweise – mithilfe dieses Vermögens zu decken. Dass zwischen den Ehegatten hinsichtlich des Einkommens und des Vermögens ein deutliches Ungleichgewicht besteht, vermag allein eine Sittenwidrigkeit nicht zu begründen.

(Leitsätze der Redaktion)

OLG Hamm, Beschl. v. 20.12.2012 – 11 UF 180/12 (AG Hamm)

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