Das Schwiegerkind hat den zugewendeten Gegenstand mit der Belastung erworben, die Schenkung im Falle des späteren Scheiterns der Ehe schuldrechtlich ausgleichen zu müssen. Der Rückgewährsanspruch der Schwiegereltern ist daher nicht nur im Endvermögen, sondern auch im Anfangsvermögen des Schwiegerkindes als Passivposten zu berücksichtigen. Fraglich erscheint jedoch, ob die Belastung mit dem Rückforderungsanspruch im Anfangs- und Endvermögen mit dem gleichen Wert anzusetzen ist.

Der BGH hat die Belastung mit dem Rückgewährsanspruch im Anfangs- und Endvermögen gleich bewertet und zur Begründung ausgeführt:

„Zwar steht zu dem für die Ermittlung des Anfangsvermögens maßgeblichen Zeitpunkt der Eheschließung (§ 1376 Abs. 1 BGB) noch nicht fest, ob und in welcher Höhe der Rückforderungsanspruch entstehen wird, es handelt sich also um eine ungewisse Forderung. Allerdings besteht in der Regel nur Veranlassung, das Anfangsvermögen zu ermitteln, wenn die Ehe gescheitert ist. Dann steht aber auch fest, dass und in welcher Höhe die Forderung entstanden ist. Daher kann sie mit ihrem vollen Wert in das Anfangsvermögen des Beschenkten eingestellt werden.“

Der Rückforderungsanspruch der Schwiegereltern ist somit als Belastung im Anfangs- und Endvermögen des Schwiegerkindes gleich zu bewerten und kann deshalb im Zugewinnausgleichsverfahren – nach BGH – regelmäßig vollständig unberücksichtigt bleiben.

Dagegen ist zunächst anzuführen, dass der Rückgewährsanspruch der Schwiegereltern im Anfangsvermögen nicht mit dem gleichen Wert wie im Endvermögen, sondern mit dem in indexierten Wert angesetzt werden müsste.

Viel entscheidender dafür, dass den Feststellungen des BGH nicht zugestimmt werden kann, ist jedoch: Sie widersprechen dem das gesetzliche Güterrecht beherrschenden Stichtagsprinzip. In welcher Höhe ein Vermögenswert am Stichtag vorhanden ist, unterliegt einer strengen und schematischen Beurteilung. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH sind am Stichtag bestehende ungewisse und unsichere Rechte und Verbindlichkeiten zu bewerten und mit ihrem Schätzwert am jeweiligen Bewertungsstichtag in die Zugewinnbilanz einzustellen.[1] Dabei ist eine Prognoseentscheidung zu treffen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit der Realisierung des Anspruchs oder der Verpflichtung ist. Auch wenn mit einer Schätzung generell Schwierigkeiten und Unsicherheiten verbunden sind, müssen diese Rechte bereits am Stichtag bewertet und mit einem geschätzten Wert in die Zugewinnausgleichsbilanz einbezogen werden.[2] Es werden am Stichtag gewissermaßen – wie beim Fotografieren – "Momentaufnahmen" angefertigt.[3] Spätere Entwicklungen können den für den Stichtag festgestellten Wert nicht mehr verändern.[4]

Somit kann der Feststellung des BGH, einer Bewertung des Rückgewährsanspruchs im Anfangsvermögen bedürfe es erst, wenn die Ehe gescheitert ist, nicht gefolgt werden – auch wenn sich der Familiensenat zur Begründung auf Haußleiter/Schulz[5] beruft. Bei dem angeführten Fall, auf den der BGH Bezug nimmt,[6] handelt es sich um eine Entscheidung von 1991, in der der BGH[7] einen "ergänzenden Ausgleichsanspruch" für eine Zuwendung vor Eheschließung begründet hat. Die Höhe dieses Anspruchs stand von Anfang an fest. Ungewiss war nur der Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe. Gleiches gilt für Grundstücksübertragungen mit Rückfallklausel: Die Eltern schenken ihrem verheirateten Kind ein Grundstück, das gem. notarieller Vereinbarung im Fall der Scheidung an die Eltern zurückfällt.[8] Auch in diesem Fall steht genau fest, in welcher Höhe das Anfangsvermögen am Erwerbsstichtag mit der Rückgewährspflicht belastet ist.

Bei dem Rückforderungsanspruch der Schwiegereltern wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage handelt es sich jedoch – am Stichtag der Zuwendung – nicht nur um einen in der Entstehung ungewissen, sondern auch in der Höhe völlig unbestimmten "Billigkeitsanspruch" nach § 313 BGB. Erst wenn die Ehe gescheitert ist, kann – nach umfassender Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls – bestimmt werden, in welcher Höhe der Rückgewährsanspruch besteht. Gleichwohl muss der zum Zeitpunkt der Schenkung noch ungewisse Rückforderungsanspruch am Erwerbsstichtag schon bewertet und mit einem bestimmten Schätzwert bei den Passiva im Anfangsvermögen (§ 1374 Abs. 2 BGB) eingestellt werden.

Würde der BGH dem strengen, starren Stichtagsprinzip folgen, käme er beim Zugewinnausgleich zwischen den Eheleuten zu völlig unbilligen Ergebnissen. Im Anfangs- und Endvermögen des Schwiegerkindes müssten unterschiedlich hohe Werte des Rückforderungsanspruchs angesetzt werden. Bei dieser Sach- und Rechtslage könnte die neue Regelung wohl nicht durchgesetzt werden.

Die Tatsache, dass der BGH das Stichtagsprinzip jedoch außer Acht lässt und die Belastung mit dem Rückforderungsanspruch im Anfangs- und Endvermögen des Schwiegerkindes gleich bewertet, hat positiv zur Folge, dass der Zugewinnausgleich zwischen den Eheleuten auf diese Weise zu einem ausgeglichenen Ergebnis führt. Lässt man...

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