Meines Erachtens spricht viel dafür, in beiden Fallgruppen – Zugewinnberechnung und Pflichtteilsberechnung – dieselben Bewertungsmaßstäbe anzuwenden,[112] allerdings dahingehend, dass ein Steuerabzug in beiden Bereichen nur erfolgen sollte, wenn die Steuer tatsächlich anfällt.
Die Parallelen zwischen Familien- und Erbrecht sind jedenfalls offensichtlich: Es besteht jeweils ein Abfindungsanspruch in Geld, der auf eine angemessene prozentuale Teilhabe an einem vorhandenen Vermögensgegenstand gerichtet ist. Hier wie dort ist der volle wirkliche Wert, der Geldwert, zu ermitteln und eine gerechte Teilhabe sicherzustellen. Die Ansprüche wurzeln jeweils im familiären Verhältnis, in der Ehe bzw. der Abstammung in gerader Linie. Dahinter stehen jeweils verfassungsrechtliche Wertungen, Art. 14 Abs. 1 GG[113] sowie Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 2 GG. Die Bewertung erfolgt in beiden Bereichen stichtagsbezogen, womit eine klare Risikoverteilung vorgegeben ist. Der allgemein anerkannte Bewertungsstandard IDW S 13 hat demgemäß für die erste Stufe der Unternehmensbewertung für die Bestimmung von Ansprüchen im Familien- und Erbrecht auch einheitliche Grundsätze aufgestellt. Der ggf. abziehbare Steuerbetrag ermittelt sich in beiden Fallgruppen nach den individuellen Steuermerkmalen der steuerpflichtigen bzw. zahlungspflichtigen Person.[114] Weitere Parallelen von Zugewinnausgleichsrecht und Pflichtteilsrecht zeigen sich ferner darin, dass beide Bereiche den Anspruch gegen einen bereicherten Dritten kennen, vgl. § 1390 BGB und § 2329 BGB. Abgesehen davon sollte sich auch wegen § 1371 BGB, der an der Schnittstelle von Zugewinnausgleich und Erbrecht steht, ein einheitliches Vorgehen empfehlen.[115]
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