Dem Zugewinnausgleich immanent ist, wie eingangs bereits festgehalten wurde, der in Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 2 GG verankerte Halbteilungsgrundsatz. Gem. § 1378 Abs. 1 BGB wird die Hälfte des Überschusses als Ausgleichszahlung geschuldet. Halbteilung kann insoweit nur bedeuten, dass ein vorhandener Wert den Ehegatten zu wertmäßig gleichen Teilen zukommen soll. Eben das ist jedoch im Fall des Abzugs einer fiktiven Steuer, die tatsächlich zeitnah nicht anfallen wird, entgegen der Auffassung des BGH[76] gerade nicht gewährleistet.

Das verdeutlicht ein einfaches Rechenbeispiel. Für ein im Endvermögen anzusetzendes Unternehmen ist ein objektiver Verkehrswert von 1000 Geldeinheiten ermittelt worden. Der Halbteilungsgrundsatz würde dann im Grunde bedeuten, dass jedem Ehegatten 500 GE zuzuordnen wären. Die Rechtsprechung erlaubt dem Unternehmensinhaber allerdings, die fiktive Ertragsteuer abzuziehen. Deren Wert soll hier mit 400 GE angesetzt werden. Somit wären nur noch 600 GE zu verteilen. Der ausgleichsberechtigte Ehegatte erhielte folglich 300 GE, während dem Ausgleichspflichtigen, der sein Unternehmen fortführt und real keine Ertragsteuer zahlen muss, nun 700 GE verblieben.[77] Infolge des Ansatzes einer fiktiven Steuer kommt es mithin zu einer massiven Wertverschiebung und zwangsläufig auch zu einem Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz.[78] Der nach dem Gesetzeskonzept der Zugewinngemeinschaft gemeinsam erarbeitete Vermögenswert wird weder vollständig, noch zu gleichen Teilen ausgeglichen. Zum Teil wird auch bezweifelt, ob das einer verfassungsrechtlichen Überprüfung Stand halten würde.[79] Bei Grundstücken würde es in Bezug auf die Spekulationssteuer im Übrigen nicht anders liegen.[80]

[77] Vgl. König/Ballhorn, NZFam 2016, 1084 (1088); Ballhorn/König, FamRZ 2018, 161 (164).
[78] Fassnacht, FamRZ 2014, 1681.
[79] Vgl. für Steuerabzug im Pflichtteilsrecht Rösler, in Groll/Steiner, Praxis-Handbuch Erbrechtsberatung, 5. Aufl. 2019, Pflichtteil, Rn 26104b.
[80] Dazu Kogel, Strategien beim Zugewinnausgleich, 7. Aufl. 2022, Rn 1150.

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