Dies voraus geschickt, ist zunächst das genetisch-biologische Kriterium zu betrachten. Es ist sicherlich nicht von der Hand zu weisen, dass in einer ganz überwiegenden Mehrzahl von Fällen die genetisch-biologischen Eltern auch die Elternverantwortung für das von ihnen gezeugte und geborene Kind übernehmen und dass eine lebenslange familiäre wechselseitige Bindung besteht. Dies ist vom Recht zu berücksichtigen[25] – und zwar unabhängig davon, ob die Zeugung des Kindes bewusst, durch Zufall oder sogar ohne einen ursprünglichen Elternwillen geschah – und im Prinzip auch unabhängig von der Qualität der Bindung.

Außer dem Gesichtspunkt, dass die genetische Verbindung in der Regel eine beständige und von den Beteiligten akzeptierte, häufig sogar gewünschte rechtliche Zuordnung ermöglicht, sollte auch hier – ungeachtet der hier befürworteten statusunabhängigen Klärungsmöglichkeit der genetischen Verbindung – hervorgehoben werden, dass sowohl der Kenntnis der genetischen Herkunft als auch dem Wunsch nach Kenntnis des eigenen Nachwuchses für das Selbstverständnis des Menschen eine bedeutende Rolle zukommt. Die genetische Verbindung ist daher schon aus verfassungsrechtlichen Gründen als wesentliches Kriterium mit einem starken Gewicht in die Abwägung möglicher Gesichtspunkte einzubeziehen.[26]

Eine allein an der genetischen Wahrheit orientierte rechtliche Zuordnung hat aber den Nachteil, dass dieses Kriterium keineswegs offen erkennbar ist. Es müsste praktisch – wie in der Diskussion auch vorgeschlagen wurde – bei jeder Geburt ein genetischer Test bezüglich beider Elternteile vorgenommen werden. Dies ist aber zum einen umständlich und im Ergebnis unsicher. Man denke bei der dann notwendig werdenden massenhaften Durchführung der Tests nur an deren nicht ausbleibende Fehleranfälligkeit.

Zum anderen stellt sich die Frage, wie eine Person, die nicht genetischer Elternteil ist, die rechtliche Elternposition bekommen kann, ohne das erst nach der Geburt mögliche, längere Zeit in Anspruch nehmende und daher mit vielen Unsicherheiten – insbesondere für das Kind, aber auch für die anderen Beteiligten – verbundene Adoptionsverfahren durchlaufen zu müssen.

[25] Von Landenberg-Rohberg, S. 746.
[26] Von Landenberg-Rohberg, S. 746: "Wenn das Kind mit seinen leiblichen zur gemeinsamen Verantwortungstragung bereiten Eltern in einer familiären Verantwortungsgemeinschaft zusammenlebt, hat der Gesetzgeber keinen Gestaltungsspielraum mehr, ob er beiden Eltern einen einfach-rechtlichen Elternstatus einräumt."

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