BGH, Beschl. v. 29.4.2020 – XII ZB 112/19

a) Dem sich aus der gesetzlichen Gesamtvertretung des minderjährigen Kindes durch gemeinsam sorgeberechtigte Eltern ergebenden Bedürfnis für eine Autorisierung eines Elternteils zur alleinigen Wahrnehmung elterlicher Vertretungsbefugnisse kann durch Erteilung einer Vollmacht entsprochen werden.

b) Das Grundverhältnis für diese Vollmacht ist regelmäßig das sich aus dem fortbestehenden gemeinsamen Sorgerecht ergebende gesetzliche Rechtsverhältnis. Daraus ergeben sich insbesondere Kontrollbefugnisse und -pflichten und gegebenenfalls auch Mitwirkungspflichten des vollmachtgebenden Elternteils. Eines gesonderten Vertrags zwischen den Eltern bedarf es für das Grundverhältnis nicht.

c) Die Bevollmächtigung des mitsorgeberechtigten Elternteils kann eine andernfalls notwendige Übertragung des Sorgerechts ganz oder teilweise entbehrlich machen, wenn und soweit sie dem bevollmächtigten Elternteileine ausreichend verlässliche Handhabe zur Wahrnehmung der Kindesbelange gibt. Hierfür ist eine ausreichende Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft der Eltern erforderlich, soweit eine solche auch unter Berücksichtigung des durch die Vollmacht erweiterten Handlungsspielraums des bevollmächtigten Elternteils unerlässlich ist.

BGH, Beschl. v. 22.4.2020 – XII ZB 477/19

a) Sind die Eltern hinsichtlich der Zustimmung zur Zeugenvernehmung des minderjährigen Kindes im Ermittlungs-bzw. Strafverfahren als Beschuldigte von der gesetzlichen Vertretung des Kindes ausgeschlossen, hat das Familiengericht für die notwendige Anordnung einer Ergänzungspflegschaft weder die Aussagebereitschaft des Kindes noch dessen (fehlende) Verstandesreife zu prüfen.

b) Im Verfahren zur Bestellung eines Ergänzungspflegers bedarf es in diesem Fall nicht der persönlichen Anhörung des Kindes und auch nicht der Bestellung eines Verfahrensbeistands.

KG, Beschl. v. 18.5.2020 – 13 UF 88/18

1. Es ist grundsätzlich allein Sache des umgangsberechtigten Elternteils über den Ort des Ferienumgangs mit den gemeinsamen Kindern und die Art der Ferien zu entscheiden.

2. a) Bei der Entscheidung darüber, ob das gemeinsame Kind in den Ferien eine Fernreise unternimmt, handelt es sich nicht um eine Entscheidung von besonderer Bedeutung, für die der umgangsberechtigte Elternteil nach § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB die Zustimmung des anderen Elternteils benötigen würde.

b) Anderes gilt nur, wenn der beabsichtigten (Urlaubs-) Reise das Kindeswohl elementar – im Sinne von § 1666 BGB – entgegensteht, weil die Urlaubsreise in politische Krisengebiete führen soll; im Zielgebiet Krieg, Bürgerkrieg oder kriegerische Unruhe herrschen; eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes vorliegt oder dem Kind im Zielgebiet nicht beherrschbare, außergewöhnliche gesundheitliche Risiken drohen.

3. Es stellt eine zum Schadensersatz verpflichtende, vorsätzliche sittenwidrige Schädigung dar, wenn der Obhutselternteil, der seine ursprünglich erteilte Zustimmung zu einer Ferienreise des gemeinsamen Kindes mit den umgangsberechtigten Elternteil widerrufen hat und der von der zuständigen Familienrichterin über die Unrichtigkeit der eigenen Rechtsauffassung und darüber belehrt wurde, dass die unmittelbar bevorstehende Abreise des Kindes in den Urlaub familiengerichtlich nicht untersagt werden könne, sich gleichwohl, ohne die erlangte richterliche Belehrung zu erwähnen, an die Bundespolizei am Flughafen wendet und unter Beharrung auf die eigene, unzutreffende Rechtsauffassung es erreicht, dass die Polizei den Abflug des Kindes in die Ferien unterbindet.

4. Selbst in Eilfällen ist eine von der Rechtsauffassung des Familiengerichts abweichende Beurteilung des Kindeswohls durch den Obhutselternteil nicht geeignet, eine einseitige Abkehr von der familiengerichtlichen Umgangsregelung zu rechtfertigen, sondern es ist Sache des Obhutselternteils, ggf. eine familiengerichtliche Eilentscheidung herbeizuführen, wenn er der Meinung sein sollte, aufgrund von neu eingetretenen Entwicklungen sei die getroffene Umgangsregelung abzuändern.

5. Nur mit Einschränkungen zu ersetzende "frustrierte" oder fehlgeschlagene Aufwendungen für einen vom umgangsberechtigten Elternteil für seine Umgangszeit gebuchten Flug mit dem gemeinsamen Kind in ein Ferienressort, der durch das Handeln des Obhutselternteils vereitelt wird, liegen nicht vor, wenn der umgangsberechtigte Elternteil nach dem Pflichtverstoß des Obhutselternteils für den ursprünglich von ihm gebuchten Flug einen Ersatzflug bucht; bei den Kosten für den Ersatzflug handelt es sich vielmehr um eine kausale Folge des Pflichtverstoßes.

6. Wenn der Obhutselternteil, der durch sein Tun den Antritt des vom umgangsberechtigten Elternteil gebuchten Fluges mit dem gemeinsamen Kind in den Urlaub vereitelt, wusste, dass der umgangsberechtigte Elternteil die Ferienreise als "Familienurlaub" mit dem gemeinsamen Kind und seiner Ehefrau und deren Kind geplant hat, dann umfasst der vom Obhutselternteil geschuldete Schadensersatz nicht nur die Kosten für den für das gemeinsa...

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