1. Der vorstehende Beschluss klärt die Frage – möglicherweise über den Elternunterhalt hinaus –, inwieweit abzugsfähige Tilgungsleistungen für eine selbstgenutzte Immobilie, die den Wohnwert übersteigen, auf den Abzugsbetrag in Höhe von 5 % für die Altersvorsorge in Anrechnung zu bringen sind.

Die Berücksichtigung des Wohnwertvorteils im Rahmen der Leistungsfähigkeit unterliegt im Rahmen des Elternunterhalts einer besonderen Rechtsprechung des BGH, die von den Grundsätzen geprägt ist, dass der Verpflichtete zum einen seinen eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährden darf und ihm zum anderen grundsätzlich die Mittel verbleiben sollen, die er zur angemessenen Deckung des seiner Lebensstellung entsprechenden allgemeinen Bedarfs benötigt. Eine dauerhafte Einschränkung der Lebensführung soll er in diesem schwächer ausgestalteten Unterhaltsverhältnis nicht hinnehmen müssen.

Hieraus hat der BGH im Rahmen des Elternunterhalts zum einen lediglich den angemessenen Wohnwert in Ansatz gebracht und zum anderen neben dem Abzug von Zinsen auch den Abzug von Tilgungsleistungen zugelassen.

2. Neben dieser Kernfrage der Entscheidung werden aber auch andere Aspekte des Elternunterhalts verfestigt, wie:

Es ist nicht zwingend notwendig, die kürzeste, aber nicht die schnellste Strecke zur Arbeitsstätte zu nutzen.
Der Abzug einer Risikolebensversicherung ist möglich, u.a. wenn diese den Ausfall der Arbeitskraft absichert oder die Hausfinanzierung. Dies gilt auch dann, wenn die Beiträge hierfür wegen der Höhe der Prämien eine besondere Belastung darstellen, jedenfalls wenn diese Versicherung bereits lange vor dem elterlichen Bedarf abgeschlossen worden ist.
Im Rahmen der Ermittlung der Leistungsfähigkeit mit doppeltem Einkommen des Verpflichteten und seines Ehegatten wird im Rahmen der Quotenberechnung unter Zugrundelegung des Familienselbstbehaltes eine Steuererstattung im Wege der Aufteilungsberechnung nach § 270 AO verteilt, wobei die Steuerbelastung auf der Grundlage der Zusammenveranlagung in Form des Splittingtarifes anteilig berücksichtigt wird.

3. Aufgrund der ständigen Rechtsprechung des BGH, dass im Elternunterhalt lediglich der angemessene Wohnwert zu berücksichtigen ist, ist der Fall nicht selten, dass der gesamte Kapitaldienst in Form von Zins- und Tilgungsleistungen den Wohnwert übersteigt. Im Rahmen der Sicherung des eigenen angemessenen Unterhalts ist dem Pflichtigen darüber hinaus die Möglichkeit zu eröffnen, geeignete Vorkehrungen dafür zu treffen, dass er nicht seinerseits im Alter seine Kinder auf Unterhalt in Anspruch nehmen muss. Nicht zuletzt deswegen ist der Prozentsatz im Rahmen des Elternunterhalts für eine zusätzliche Altersvorsorge um 1 % auf 5 % erhöht worden.

Die Entscheidung setzt sich mit den verschiedenen Literaturauffassungen auseinander. Nach einer Meinung ist die Tilgungsleistung uneingeschränkt auf die Altersvorsorgeaufwendungen in Höhe von 5 % anzurechnen, sodass bei deren Erreichen eine weitere Altersvorsorge nicht mehr absetzbar sei. Nach der Gegenmeinung sind überschießende Tilgungsaufwendungen nicht auf die Altersvorsorgequote anzurechnen, jedenfalls wenn der Unterhaltspflichtige die Verbindlichkeiten vor Kenntnis der Verpflichtung eingegangen ist.

Die Entscheidung des BGH modifiziert diese Positionen dahingehend, dass sie zunächst einen Abzug von Zins- und Tilgungsleistungen vornimmt und erst dann, wenn die Tilgungsleistungen den angemessenen Wohnwert übersteigen, eine Anrechnung auf die Altersvorsorgequote von 5 % vornimmt. Die Ablehnung der Vollanrechnung begründet die Entscheidung mit der Kernaussage, dass bereits deshalb keine Vermögensbildung zulasten des Berechtigten vorgenommen wird, weil es ohne die Zins- und Tilgungsleistung keinen Wohnwert in Form einer ersparten Miete gäbe. Damit sind die Tilgungsleistungen zunächst bis zur Höhe des Wohnwerts auf diesen anzurechnen und darüber hinaus auf die zusätzliche Altersvorsorge.

4. Borth diskutiert in diesem Zusammenhang zutreffend die Frage, ob damit eine grundlegende Änderung der Rechtsprechung zum Wohnwertvorteil, d.h. auch außerhalb des Elternunterhalts, zu erwarten ist.[1] Insofern wird einer entsprechenden Entscheidung des BGH außerhalb des Elternunterhalts mit Spannung entgegenzusehen sein, da das vorstehende Argument auch in den anderen Unterhaltsverhältnissen schlussendlich nicht anders bewertet werden kann – auch wenn die Berücksichtigung der Tilgungsleistungen im Rahmen des Elternunterhalts bis zum jetzigen Zeitpunkt eine andere Grundlage hatte und darin begründet war, dass der auf Elternunterhalt in Anspruch Genommene keine spürbare und dauerhafte Senkung seines berufs- und einkommenstypischen Unterhaltsniveaus hinnehmen muss. Hiervon trennt sich diese Argumentation (kein Wohnwert ohne Zins- und Tilgungsleistungen) grundsätzlich. Sie wäre damit auf die anderen Unterhaltsrechtsverhältnisse ebenso anwendbar.

Der BGH folgt ausdrücklich nicht der Meinung, die die Tilgungsaufwendungen grundsätzlich nicht auf den zusätzlichen Ab...

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