Unabhängig davon, wie man derzeit zu der dargestellten Thematik steht: strukturierter Vortrag ist schon jetzt[64] einen Versuch wert. Damit ist nicht gemeint, möglichst schnell etwas zu normieren, sondern jetzt schon (in geeigneten Fällen) Strukturierung zu wagen und zu testen. Hierfür müssen auch nicht erst rechtliche oder technische Voraussetzungen geschaffen werden. Voraussetzung sind nur willige[65] Verfahrensbevollmächtigte und Richter.[66] Es droht kein Rechtsverlust. Jeder kann das vortragen, was in einem herkömmlichen normalen Schriftsatz vortragen würde – nur eben strukturiert und in direkter Gegenüberstellung. Wie könnte es ablaufen? Der Antragsteller müsste nur in einer zweispaltigen Tabelle – dies kann wohl jedes Schreibprogramm – strukturiert vortragen. Nunmehr kommt ein "Haken" an der Sache. Das Gericht könnte das elektronische Dokument (noch) nicht in einer für den Antragsgegner bearbeitbaren Form an diesen weiterleiten. Aber wenn beide Verfahrensbevollmächtigte bereit sind, den Versuch zu wagen, schickt der Antragstellervertreter seinen bei Gericht eingereichten Antrag als bearbeitbares Dokument an den Kollegen. Dieser befüllt die rechte Tabellenspalte mit seiner Erwiderung. Diesen Schriftsatz reicht er bei Gericht ein und sendet wiederum ein bearbeitbares Dokument an den Antragstellervertreter. Dass sich seine Unterschrift nur auf die rechte Spalte bezieht, dürfte niemand in Zweifel ziehen. Also, warum nicht testen?

Autor: Dr. Norbert Sitzmann, Direktor des Amtsgerichts, Pfaffenhofen a. d. Ilm

FF 6/2021, S. 231 - 241

[64] Zu ersten weitergehenden "Laborversuchen" in Zusammenarbeit mit Informatikern s. Köbler, DRiZ 2018, 88, 90 f.
[65] Zu künftigen Gebührenanreizen vgl. Effer-Uhe, GVRZ 2018, 6 Rn 37.
[66] Es könnte zwar sicher kein Richter Relevantes gegen einen Schriftsatz in Tabellenform einwenden, doch ebenso sicher drohen kritische Bemerkungen seitens des Gerichts, jeden Versuch der Anwaltschaft im Keim zu ersticken.

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