Die kumulative (oder gleichzeitige) Elternschaft von mehr als zwei Personen eignet sich insbesondere für solche Familien, in denen sich mehr als zwei Erwachsene einvernehmlich für das Kind verantwortlich fühlen. Das kann besonders vorkommen, wenn ein lesbisches Paar eine private Samenspende von einem Freund erhält. Lebt dieser ebenfalls in einer Partnerschaft, so können alle vier Personen elterliche Gefühle gegenüber dem Kind haben.

Es geht hierbei nicht – oder jedenfalls in der Regel nicht – um gleichstufiges Nebeneinander von mehreren Vätern bzw. Müttern. Vielmehr wird der genetische Vater (Becherspender), der neben einen aktiven rechtlichen Vater oder eine aktive rechtliche Mit-Mutter tritt, eine gewissermaßen subsidiäre abstammungsrechtliche Stellung erhalten wollen. Bei der Ausgestaltung einer solchen neuen abstammungsrechtlichen Position müssten die Folgeprobleme präzise geklärt werden. Man muss genau überlegen, welcher Elternteil ein Sorgerecht haben sollte, und es wäre vielleicht auch problematisch das Kind mit potentiellen Elternunterhaltspflichten für vier Personen zu belasten.[49]

Gerade weil die Öffnung für mehr als zwei Personen keine unmittelbare Klärung der Folgefragen mit sich bringt, wird gelegentlich vertreten, das Abstammungsrecht sei nicht der richtige Ort zur Verankerung der Mehrelternschaft. Eher solle die Abstammung auf zwei Personen beschränkt bleiben und dafür sollen die einzelnen Folgefragen, insbesondere Sorge und Umgang, deutlicher von der Abstammung getrennt und in geeigneten Fällen auf mehr als zwei Personen verteilt werden.[50] Sieht man auf das Ziel, Verbindlichkeit und Stabilität für das Kind zu erreichen, so erscheint es jedoch sicherer und damit besser, im Abstammungsrecht anzuknüpfen.

[49] Dazu bereits Heiderhoff, Herausforderungen durch neue Familienformen – Zeit für ein Umdenken, NJW 2016, 2629, 2632; die mehrfache Unterhaltsbelastung des Kindes für gerechtfertigt haltend; Plettenberg, Vater, Vater, Mutter, Kind – Ein Plädoyer für die rechtliche Mehrvaterschaft, 2016, S. 129 f.; Sanders, Mehrelternschaft, 2018, S. 426.
[50] Hierfür Helms, Wie viele Eltern verträgt ein Kind? Mehrelternfamilien aus rechtlicher Sicht, in: FS Coester – Moderne Familienformen, 2019, S. 125, 128.

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