Der Rechtsstreit geht um Trennungsunterhalt zwischen einer deutschen und einem britischen Staatsangehörigen. Beide haben einen indischen kulturellen Hintergrund. Die Eheschließung vom 23.8.2017 wurde von den Eltern arrangiert. Abgesehen von kurzfristigen Besuchen haben die Eheleute nie zusammengelebt. Sie hatten auch keine sexuelle Beziehung. Seit der Eheschließung lebt der Ehemann in Paris in einer Eigentumswohnung (Wohnwert 500 EUR), die Ehefrau in Frankfurt im Haushalt der Eltern. Ihr Umzug nach Paris war geplant. Jeder lebt von seinem Einkommen, der Mann von seinen Erwerbseinkünften von 4.000 EUR und 1.000 EUR Mieteinnahmen, die Frau vom Verdienst von 2.870 EUR. Ein gemeinsames Konto gibt es nicht. Seit einer Aussprache im August 2018 leben die Eheleute getrennt. Der BGH bejaht die von Amts wegen zu prüfende internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte und die Anwendbarkeit des deutschen Sachrechts, namentlich der Vorschrift des § 1361 BGB. Im Anschluss an seine frühere Rechtsprechung entscheidet er, der Anspruch auf Trennungsunterhalt setze nicht voraus, dass die Ehegatten zusammengelebt oder gemeinsam gewirtschaftet hätten. Er bestätigt die Verurteilung des Ehemannes zu monatlichen Unterhaltszahlungen von 1.320 EUR durch das OLG Frankfurt/M.[1] Dem liegt die Lehre zugrunde, dass es keine Ehe mit unterschiedlichen Rechten gibt, und die Ehegatten an den für beide einheitlichen ehelichen Lebensverhältnissen in gleicher Weise teilhaben, auch hinsichtlich des für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Einkommens. Der BGH lehnt die Gegenansicht, etwa von Henrich,[2] ab, wonach die Ehegatten ihre Ehe autonom gestalten und vor und nach der Trennung in unterschiedlichen Lebensverhältnissen leben können.

Im vorliegenden Fall hat sich an den äußeren Lebensverhältnissen der Ehegatten nichts geändert; sie leben nach wie vor nicht zusammen. Anders ist lediglich, dass nach der Aussprache im August 2018 eine häusliche Gemeinschaft nicht mehr hergestellt werden soll und die eheliche Lebensgemeinschaft abgelehnt wird. Dies heißt, dass die Ehegatten im Sinn des Gesetzes getrennt leben (§ 1567 Abs. 1 S. 1 BGB). An Stelle des Anspruchs auf Familienunterhalt nach §§ 1360, 1360a BGB ist der Anspruch auf Trennungsunterhalt nach § 1361 BGB getreten. Wenn die Ehefrau vor der Trennung Unterhalt verlangt hätte, hätte sie einen Anspruch in gleicher Höhe nach §§ 1360, 1360a BGB gehabt. Der Anspruch auf Familienunterhalt besteht auch, wenn die Ehegatten räumlich nicht zusammenleben[3] und keinen gemeinsamen Haushalt haben. Die Ansprüche auf Familienunterhalt und auf Trennungsunterhalt sind beide auf die gleiche Teilhabe an dem die ehelichen Lebensverhältnisse prägenden gemeinsamen Einkommen gerichtet. Der BGH weist ausdrücklich auf die sowohl nach § 1360a Abs. 3 BGB als auch nach § 1361 Abs. 4 S. 4 BGB geltende zwingende Vorschrift des § 1614 Abs. 1 BGB hin. Danach kann auf Familienunterhalt und Trennungsunterhalt für die Zukunft nicht verzichtet werden. Ein Verzicht ist insoweit nach § 134 BGB nichtig. An die faktische Hinnahme einer für ihn ungünstige Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse und ein Einverständnis damit ist der Ehegatte nicht gebunden. Damit ist der autonomen Gestaltung ihrer Verhältnisse durch die Ehegatten gesetzlich eine Grenze gesetzt.

Trotz der zutreffenden Erwägung des BGH, dass die Ehefrau rechtlich nicht besser steht als während der intakten Ehe, weil ihr grundsätzlich ein gleicher Unterhalt nach § 1360 BGB zustand, ist nicht zu leugnen, dass sie mit dem Unterhalt nach der Trennung tatsächlich ein höheres Einkommen als vorher für sich zur Verfügung hat. Dennoch sind Forderungen abzulehnen, den Trennungsunterhalt an zusätzliche ungeschriebene Tatbestandsmerkmale, wie gelebte Gemeinsamkeiten der Ehegatten, zu knüpfen. Im Gesetz findet dies keinen hinreichenden Anhalt. Das feste Gebäude des einheitlichen Anspruchs auf Ehegattenunterhalt, das sich für Familienunterhalt, Trennungsunterhalt und nachehelichen Unterhalt bewährt hat, sollte nicht in Frage gestellt werden.

Die Bemessung des Unterhaltsanspruchs ist anhand eines objektiven Maßstabs nach den für den Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen im Sinne von § 1578 BGB entwickelten Grundsätzen vorzunehmen. Einschränkungen des Anspruchs können sich aus dem besonderen Ausschlusstatbeständen des § 1579 Nr. 2 bis 8 BGB und dem allgemeinen Verwirkungstatbestand des § 242 BGB ergeben. Im konkreten Fall fehlt jedoch dafür ein Anhalt. Die kurze Ehezeit ist insoweit kein erheblicher Gesichtspunkt.

Schließlich ist zu prüfen, ob die Grundsätze, die für die Einschränkung des Unterhalts eines geschiedenen Ehegatten aufgrund des Prinzips der Eigenverantwortung (§ 1569 S. 1 BGB) und zur Vermeidung einer unbilliger Inanspruchnahme des Verpflichteten nach § 1578b BGB gelten entsprechend auf den Trennungsunterhalt heranzuziehen sind. Der BGH lehnt dies ab. Dem ist jedenfalls im vorliegenden Fall zu folgen, weil die vorliegenden Verhältnisse der Ehefrau mit denen ...

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