Mit dem am 30.4.2009 veröffentlichten Urt. v. 26.11.2008 hat der BGH seine Rechtsprechung zu den Kindergartenkosten erneut geändert. Manche Formulierung in der Entscheidung lässt eine Übertragung der Argumentation auf weitere Betreuungskosten zu, was für betreuende Elternteile, deren Unterhaltsanspruch – sei es im Hinblick auf ihre frühere Erwerbsobliegenheit, sei es auf Grund einer Befristung nach § 1578b BGB – zu entfallen droht, tatsächlich ein Segen sein könnte. Im Einzelnen:

1. Sachverhalt: Die nichtverheirateten Eltern des 2002 geborenen Klägers waren sich darüber einig, dass der Vater Kindesunterhalt nach der höchsten Einkommensgruppe der "Berliner Tabelle" abzüglich hälftiges Kindergeld zuzüglich der Beiträge für die Krankenversicherung schuldet. Nach seinem Umzug in die Schweiz verlangte der Kläger u.a. einen zusätzlichen monatlichen Betrag für die Kosten der von ihm besuchten Kindertagesstätte.

2. Kindergartenkosten und Tabellenunterhalt: Bei den Kosten für einen Kindergarten stellt sich die Frage, ob und – gegebenenfalls – in welcher Höhe sie vom (Elementar-)Unterhalt bemessen nach der Düsseldorfer Tabelle umfasst sind oder als Mehrbedarf zusätzlich zum Tabellenunterhalt geschuldet werden. Als Mehrbedarf ist der Teil des Lebensbedarfs anzusehen, der regelmäßig während eines längeren Zeitraums anfällt und das Übliche derart übersteigt, dass er mit den Regelsätzen nicht zu erfassen, andererseits aber kalkulierbar ist und deshalb bei der Bemessung des laufenden Unterhalts berücksichtigt werden kann.[1] Bislang ging der BGH davon aus, dass die Kosten für einen halbtägigen Kindergartenbesuch keinen Mehrbedarf begründen, sondern im Bedarf nach der Düsseldorfer Tabelle enthalten sind, sofern dieser das Existenzminimum nicht unterschreitet.[2] Diese Rechtsauffassung wurde für Kindergartenbeiträge bis zu einer Höhe von monatlich etwa 50,- EUR in der Folgezeit bestätigt, so dass nur darüber hinausgehende Kosten zusätzlich zum Tabellenunterhalt aufzubringen waren.[3] In der Entscheidung vom 26.11.2008 hat der Senat diesen Standpunkt aufgegeben und qualifiziert Kindergartenkosten insgesamt als Mehrbedarf, der zusätzlich zum Tabellenunterhalt geschuldet wird. Er argumentiert insoweit mit dem durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21.12.2007 (UÄndG)[4] eingeführten Mindestunterhalt, der an § 32 Abs. 6 S. 1 EStG ankoppelt und das Existenzminimum des Kindes gewährleisten soll. Durch Rückgriff auf §§ 27ff SGB XII und die Verordnung zur Durchführung des § 28 SGB XII (RegelsatzVO) wird klargestellt, welche Aufwendungen in das Existenzminimum einkalkuliert und damit auch vom Mindestunterhalt tatsächlich gedeckt sind (z.B. Ernährung, Unterkunft, Kleidung, Körperpflege usw.).[5] Kindergartenkosten oder vergleichbare Aufwendungen werden davon nicht umfasst, da das Sozialrecht insoweit – wie in der Entscheidung näher dargestellt wird[6] – anderweitige Regelungen vorsieht. Für den Betreuungs- und Erziehungsbedarf sind daher zusätzliche Mittel zu veranschlagen. Dies gilt gleichermaßen für einen Unterhalt, der über den Mindestbedarf nach Einkommensgruppe 1 der Düsseldorfer Tabelle hinausgeht, da dieser höhere Tabellenunterhalt die gleichen Bedarfspositionen wie der Mindestbedarf deckt, im Hinblick auf die abgeleitete Lebensstellung des Kindes allerdings auf einem höheren Niveau. Deshalb sind auch in den höheren pauschalierten Unterhaltsbeträgen der Düsseldorfer Tabelle Kindergartenkosten nicht enthalten.

3. Abzug der Verpflegungskosten: Soweit die monatlichen Aufwendungen für den Kindergarten Verpflegungskosten beinhalten, stellen sie keinen Mehrbedarf dar, da die Verpflegung des Kindes vom Tabellenunterhalt umfasst und mit ihm abgegolten ist. Der durch die Verköstigung des Kindes im Kindergarten ersparte Verpflegungsaufwand muss deshalb in Abzug gebracht werden (Gleiches gilt etwa für Ganztagesschulen oder Internate beim ausbildungsbedingten Mehrbedarf).[7]

4. Anteilige Haftung: Für Mehrbedarf haften die Eltern anteilig nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen.[8] § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB setzt den durch Pflege und Erziehung des Kindes geleisteten Unterhalt dem Barunterhalt nur in der Regel gleich, also dann, wenn sich Bar- und Naturalunterhalt "im Rahmen des Üblichen"[9] halten. Bei darüber hinausgehendem Mehrbedarf verbleibt es auch bei minderjährigen Kindern bei der anteiligen Haftung der Eltern nach § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB. In der vom KG[10]   getroffenen Ausgangsentscheidung wurde der Haftungsmaßstab des § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB im vorliegenden Fall insoweit wertend verändert, als im Hinblick auf die erheblich günstigeren Einkommensverhältnisse des Vaters eine Mithaftung der Mutter insgesamt verneint wurde. Der BGH geht demgegenüber davon aus, dass durch den Abzug eines Sockelbetrags in Höhe des angemessenen Selbstbehalts[11] von den Einkünften beider Eltern vor Errechnung der Haftungsquote sich ergebende ungleiche Belastungen bei erheblichen Einkommensunterschieden relativiert werden.[12] Eine zusätzli...

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