Auch in diesem Bereich kommen negative Kompetenzkonflikte vor.

Gescheitert ist der Versuch eines Elternpaares, gegenüber der Schulbehörde über ein Verfahren nach § 1666 BGB schulinterne Infektionsschutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), insbesondere Abstandsgebote und die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, vorläufig aussetzen zu lassen. Der Bundesgerichtshof hat den Antrag ohne Verweisung an das zuständige Verwaltungsgericht abgewiesen.[3] Der Rechtsweg zu den Familiengerichten im Verfahren nach § 166 Abs. 1 und 4 BGB sei nicht eröffnet. Zuständig sind ausschließlich die Verwaltungsgerichte.[4] "Eine Verweisung des Verfahrens an das Verwaltungsgericht kommt wegen unüberwindbar verschiedener Prozessmaximen beider Verfahrensordnungen nicht in Betracht (im Anschluss an Senatsbeschluss v. 6.10.2021 – XII ARZ 35/21, FamRZ 2021, 1884)."

Das Oberlandesgericht Nürnberg hat entschieden,[5] dass bei negativen Kompetenzkonflikten zwischen Gerichten in Bezug auf die funktionelle Zuständigkeit trotz Vorliegens eines unanfechtbar gewordenen Beschlusses nach § 17a Abs. 1 i.V.m. Abs. 6 GVG eine deklaratorische Zuständigkeitsbestimmung analog § 36 Abs. 1 ZPO in Betracht kommt, wenn dies im Interesse einer funktionierenden Rechtspflege und der Rechtssicherheit geboten ist, weil "ein extremer Verstoß gegen die die funktionelle Zuständigkeit regelnden materiellen und verfahrensrechtlichen Vorschriften vorliegt." Eine betreute Person hatte ihrem Betreuer Pflichtverletzungen vorgeworfen und von ihm Schadensersatz verlangt. Das von ihr zunächst angerufene Landgericht hatte die Sache rechtskräftig an das Familiengericht verwiesen. Dieses nahm die Sache nicht an und wurde hierin vom OLG bestätigt.

Schwiegerelternschenkungen: Das Landgericht Kiel hat einen Verweisungsbeschluss des Amtsgericht Eckernförde aufgehoben, sich für unzuständig erklärt und die Sache an das Amtsgericht – Familiengericht – verwiesen. Weil der Kläger der "Schwiegervater" der Beklagten sei, handele es sich um eine sonstige Familiensache i.S.v. § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG.[6] Er hatte vorgetragen, dem Sohn ein Fahrzeug geschenkt zu haben, und dessen Ehefrau habe es abredewidrig auf sich zugelassen. Der "Schwiegervater" hatte daraufhin den Rücktritt vom Schenkungsvertrag erklärt. Tags darauf trennten die Eheleute. Nur: Offenbar waren die Beteiligten weder Schwiegervater noch Schwiegertochter, weil nicht miteinander verwandt, wie § 1590 BGB es verlangt. Vielmehr war der Sohn der Sohn nur der Ehefrau des Schenkers (des sog. Schwiegervaters) und diese mit dem Schenker verheiratet, der aber nicht sein Vater war, sondern nur der Stiefvater. Aufgrund einer erneuten Beschwerde – nunmehr zum Oberlandesgericht – hob das OLG Schleswig den Beschluss des LG Kiel auf[7] und erklärte den Rechtsweg zu den allgemeinen Zivilgerichten für zulässig: § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG ist weder unmittelbar noch analog auf Stiefschwiegereltern anwendbar.

Damit gilt: nur bei rechtlichen Schwiegereltern liegt eine sonstige Familiensache i.S.v. § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG. Dann ist der weitere Instanzenzug klar vorgegeben. Für faktische Schwiegereltern gilt das allgemeine Zivilverfahrensrecht mit der Besonderheit der Zuständigkeit nunmehr des XII. BGH-Senats, des Familiensenats (neue Geschäftsverteilung,[8] s.u.). Für Stiefschwiegereltern gilt das Gleiche mit der Ausnahme, dass eine Zuständigkeit des XII. BGH-Senats hier (noch) nicht geregelt ist.

Zur Sache sind im Berichtsjahr weiter zu folgenden Sachverhalten Entscheidungen ergangen:[9]

Zuständigkeit nach § 266 FamFG angenommen:

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat zum Versorgungsausgleich entschieden, dass Bereicherungsansprüche nach §§ 30 Abs. 3 VersAusglG, 816 Abs. 2 BGB Familienstreitsachen nach § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamF sind und nicht Versorgungsausgleichssachen nach § 217 FamFG.[10] Entgegen anderer Auffassungen in Literatur und Rechtsprechung[11] folge dies aus der Gesetzesbegründung, wonach § 30 Abs. 3 VersAusglG nur deklaratorisch wirke und aus dem verfahrensrechtlichen Beibringungsgrundsatz des Bereicherungsrechts.

Das Oberlandesgericht Koblenz hatte diesen Fall zu entscheiden[12]: die Ehefrau hatte Zugewinnausgleich im Wege des Stufenantrags geltend gemacht und hilfsweise einen Schadensersatzanspruch, weil der Ehemann sie durch Täuschung über sein Vermögen zum Abschluss eines ungünstigen güterrechtlichen Ehevertrages veranlasst habe. Das Amtsgericht hatte alle Anträge zurückgewiesen, weil der Ehevertrag der gerichtlichen Kontrolle standhalte und die Voraussetzungen für eine Anfechtung wegen Täuschung nicht vorgetragen seien. Nachdem die inzwischen geschiedene Ehefrau in der zweiten Instanz lediglich den Antrag betreffend den Schadensersatzanspruch aufrechterhielt, trennte das Oberlandesgericht das Verfahren insoweit ab und verwies die Sache an das Amtsgericht zurück: Die Geltendmachung im Scheidungsverfahren und folglich auch die Sachentscheidung des Amtsgerichts waren unzulässig. E...

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