Der Hinweisbeschluss des OLG Düsseldorf ist ergangen, um eine mündliche Verhandlung zu vermeiden.

Es ist zu keiner Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG gekommen ist, weil die Antragstellerin und Beschwerdeführerin die Beschwerde rechtzeitig zurückgenommen hat.

In der Sache geht es um das Wiederaufleben eines nach § 1579 Nr. 2 BGB verwirkten Anspruchs auf nachehelichen Aufstockungsunterhalt. Das OLG hat die Vorinstanz bestätigt, die die Verwirkung wegen verfestigter Lebensgemeinschaft angenommen hat.

Die Besonderheit des Falles liegt darin, dass die Antragstellerin unstreitig 2 ½ Jahre mit einem Lebensgefährten zusammengewohnt hat und sich dann von ihm getrennt hat. Dann folgte eine neue Bekanntschaft, die allerdings noch keine zwei bis drei Jahre dauerte.

Die Antragstellerin war von 1995 bis 2016 verheiratet (21 Jahre lang). Die Scheidung ist am 24.8.2017 rechtskräftig geworden, was man dem Sachverhalt entnehmen kann.

Die verfestigte Lebensgemeinschaft dauerte von Anfang Juli 2015 bis Ende 2017 (2 ½ Jahre). Das OLG hat völlig zutreffend darauf hingewiesen, dass man auch von einem Zeitraum von 3 Jahren ausgehen könnte, wenn man den gemeinsamen Ski-Urlaub im Februar 2015 hinzurechnet.

Die verfestigte Lebensgemeinschaft war durch alle objektiven Gegebenheiten nachgewiesen, die von Interesse sind:

  1. äußeres Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit,
  2. Einzug in das Haus des Zeugen/Lebensgefährten Anfang Juli 2015,
  3. keine Zahlung von Miete für die Gewährung von Wohnraum,
  4. Versuche die Beziehung am Ende der eheähnlichen Lebensgemeinschaft zu retten,
  5. ein gemeinsamer letzter Urlaub in New York im November 2017.

Insofern liegt ein klassischer Fall einer verfestigten Lebensgemeinschaft für den Zeitraum von fast 3 Jahren vor.

Mit einem Aufforderungsschreiben vom 16.1.2018 wurde dann mitgeteilt, dass die verfestigte Lebensgemeinschaft beendet sei und man Unterhalt fordere.

Die Entscheidung stellt auf die eindeutige Rechtsprechung des BGH aus dem Jahr 2011 ab.[1]

Grundsätzlich sieht die Rechtsprechung auch bei der verfestigten Lebensgemeinschaft die Verwirkung eines Unterhaltsanspruchs als endgültig an. Das Wiederaufleben des Anspruchs ist somit die Ausnahme. Die Gerichte müssen eine ausführliche Abwägung der verschiedenen Gesichtspunkte vornehmen, die ausnahmsweise ein Wiederaufleben des Unterhaltsanspruchs ermöglichen.[2]

Bei der Billigkeitsabwägung müssen alle Aspekte geprüft werden, und zwar in Form einer "neuen umfassenden Prüfung".

Für die Anwaltspraxis ist wichtig, dass im vorliegenden Fall der Senat berücksichtigt hat, dass sie im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung 85.000 EUR, einen Pkw sowie einen Wohnwagen erhalten hat und ohne weiteres in ihrem Beruf tätig sein könnte. Sie war gelernte Rechtsanwaltsfachangestellte, hat diesen Beruf allerdings zu keinem Zeitpunkt ausgeübt, sondern war nur als Bürogehilfin tätig. Diesen Beruf konnte sie weiter ausüben.

Von Interesse war zweifellos auch die nicht allzu lange Ehedauer, die im Zuge der Prüfung des Wiederauflebens des Aufstockungsunterhalts eine Rolle spielen konnte.

Die umfassende Zumutbarkeitsprüfung führt im vorliegenden Fall dazu, dass ein Wiederaufleben des Anspruchs nicht in Betracht kommt, weil die Antragstellerin eine weitere Beziehung unmittelbar nach Beendigung der alten Beziehung aufgenommen hat, so dass sie die künftige eheliche Solidarität des geschiedenen Ehemannes nicht mehr benötigt.

Auch mit dem neuen Partner tritt sie als Paar auf, was sich in gemeinsamen Urlauben, gemeinsamer Freizeitgestaltung und Teilnahme an Feierlichkeiten zeigt.

Interessant ist auch, dass der Senat des OLG Düsseldorf der Tatsache, dass die neue nichteheliche Lebensgemeinschaft in Form einer distanzierten Lebensgemeinschaft geführt wird, keine große Bedeutung zumisst.[3]

Der Entscheidung des OLG Düsseldorf ist uneingeschränkt zuzustimmen.

Klaus Schnitzler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht, Euskirchen

FF 5/2021, S. 206 - 209

[2] Vgl. Nomos Kommentar/Hohloch, Band 4, 4. Aufl. 2021, § 1579 Rn 103.
[3] Vgl. BGH, Beschl. v. 30.3.2011, FamRZ 2011, 791 = FF 2011, 251 und Checkliste, Schnitzer, FF 2011, 292, sowie ausführlich Frank in Eschenbruch, (Schürmann, Menne, Hrsg.), 7. Aufl. 2021, Kap. 1 Rn 1632 f. und 1676 f.

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