1. Je höher der gesetzliche Rang der Scheidungsfolge ist, desto enger sind die Möglichkeiten der vertraglichen Abänderung. Im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle (§ 138 BGB) kommt es aber nicht nur auf die "Rangstelle" im Rahmen der "Kernbereichs-Rechtsprechung" des BGH an, sondern maßgeblich auf die Auswirkungen der vertraglichen Regelung. Hier sind vor allem Kompensationen zu berücksichtigen.

2. Für die Annahme einer Sittenwidrigkeit wird vom BGH – neben einem objektiv evident einseitigen Vertragsinhalt – zusätzlich eine verwerfliche Gesinnung des begünstigten Ehegatten als Ausdruck eines subjektiven Ungleichgewichts gefordert. Auch vor dem Hintergrund der Darlegungs- und Beweisschwierigkeiten des benachteiligten Ehegatten sollte das subjektive Merkmal als konstitutives Element der Unwirksamkeit jedenfalls in Fällen von Globalverzicht oder massiver Einseitigkeit des Vertrages aufgegeben werden, weil dort der objektive Vertragsinhalt die nachteilige Gesinnung indiziert. Je stärker die Einschränkung des Kernbereichs ausfällt, desto weniger sollte ein zusätzliches subjektives Element erforderlich sein.

3. Die Gesamtbetrachtung objektiver und subjektiver Merkmale hat in der Rechtsprechung einen hohen Stellenwert. Bei der Vertragsgestaltung sollte darauf geachtet werden, dass in isolierter Betrachtung unbedenkliche Regelungen einzelner Scheidungsfolgen in ihrer Gesamtheit zur Annahme der Unausgewogenheit und zur Sittenwidrigkeit des Vertrages führen können.

4. Bei der vertraglichen Regelung von Trennungsunterhalt ist wegen des Verzichtsverbots, der Unbeachtlichkeit von Kompensationen und des Willens der Vertragsparteien mit besonderer Vorsicht vorzugehen. Notwendig ist eine genaue Darstellung des gesetzlichen Anspruchs, damit die Zulässigkeit vertraglicher Abweichungen beurteilt werden kann.

Gewidmet ist dieser Beitrag Herrn Rechtsanwalt Prof. Dr. Lutz Aderhold zu seinem 70. Geburtstag in alter und freundschaftlicher Verbundenheit.

Autor: Prof. Dr. Winfried Born, Fachanwalt für Familienrecht, Dortmund

FF 5/2021, S. 180 - 185

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge