I. Vertragsinhalt

1. Objektive Elemente

a) Allgemeines

Schon eingangs (s.o. unter A. I.) wurde als erste Faustregel festgehalten: je höher der gesetzliche Rang der Scheidungsfolge ist, desto enger sind die Möglichkeiten der vertraglichen Abänderung. Neben dem Stellenwert des geregelten Bereichs sind aber vor allem Auswirkungen der vertraglichen Regelung zu berücksichtigen (s.o. unter B. II. 1. b). Unabhängig hiervon muss berücksichtigt werden, dass man nicht schon dann auf der "sicheren Seite" ist, wenn die einzelnen Regelungen für sich allein betrachtet unbedenklich sind; vielmehr ist immer auch die Gesamtbetrachtung einzubeziehen (s.o. unter B. II. 3.).

b) Einzelheiten

Es empfiehlt sich, die eheliche Lebensplanung in einer Präambel darzustellen.[2]

Denn nur dann kann ermittelt werden, inwieweit die vertragliche Regelung den Vorstellungen der Vertragsparteien entspricht.

[2] Münch, NZFam 2015, 243, 247 unter IV. 5.

aa) Ehegattenunterhalt

(1) Allgemeines

Aufgrund insoweit eindeutiger Rechtsprechung ist generell Vorsicht geboten gegenüber Vertragsgestaltungen, bei denen das Risiko besteht, dass privatrechtliche Verpflichtungen auf den Sozialhilfeträger abgewälzt werden.[3]

Im Falle von Globalverzichten ist das regelmäßig anzunehmen bei Konstellationen, in denen keine ausreichende und aktuell absehbare Absicherung des bedürftigen Ehegatten vorliegt. Umgekehrt ist es unproblematisch bei fehlendem Kinderwunsch und beiderseits beabsichtigter Fortsetzung einer vollschichtigen Tätigkeit. Sind dagegen Pausen in der Erwerbstätigkeit eines Ehegatten absehbar, sollten vom Notar inhaltliche Ratschläge zum Ausgleich entsprechender Nachteile angesprochen sowie konkret und verbindlich vereinbart werden, gerade auch in Bezug auf entsprechende Kompensationsleistungen.[4]

[3] BGH NJW 2009, 842; OLG Hamm NJW 2013, 3253.
[4] Vgl. BGH NJW 2019, 2020, wo das nicht der Fall war.

(2) Einzelheiten

(a) Betreuung (§ 1570 BGB)

Sofern nicht völlig klar ist, dass mit der Geburt von Kindern nicht mehr zu rechnen ist (auch bei insoweit relativ eindeutigem biologischem Alter), ist aber auch an die Möglichkeit einer Adoption von Kindern zu denken.

Hier muss ein Ausschluss des Anspruchs nach § 1570 BGB wegen des sehr hohen Stellenwertes des Betreuungsunterhalts regelmäßig ausscheiden. Dagegen kommt je nach Ausgestaltung eine Modifikation des Anspruchs ohne weiteres in Betracht.[5]

Wie erwähnt, kann in diesem Bereich umgekehrt aber auch eine verstärkende Vereinbarung gewünscht sein, etwa mit dem Ziel einer Wiederherstellung des früheren Altersphasenmodells.[6] Leitendes Motiv ist hier häufig der Wunsch nach einem weitgehenden Ausschluss einer Fremdbetreuung des Kindes.[7]

Empfehlenswert ist auch die Differenzierung zwischen Basisunterhalt und kindbezogenen Verlängerungsgründen. Ein Endpunkt der Zahlungspflicht kann vereinbart werden unter Zugrundelegung der Annahme, dass zu diesem Zeitpunkt eine altersentsprechende Entwicklung des Kindes vorliegt und deshalb keine (oder nur eingeschränkte) Betreuung durch den jeweiligen Elternteil erforderlich ist.

[5] BGH NJW 2017, 1883 m. Anm. Born = FamRZ 2017, 884 m. Anm. Bergschneider = NZFam 2017, 408 m. Anm. Graba; bespr. von Wellenhofer, JuS 2017, 1209.
[6] Ausführlich zu verstärkenden Vereinbarungen Heiderhoff, DNotZ 2012, 494; Schmitz, RNotZ 2011, 265, 267 unter I. 2, 274 unter D.; Herrler, FPR 2009, 506, 508 unter 2 zur Verlängerung des Anspruchs, 508 unter 3 zum früheren Altersphasenmodell.
[7] Münch, FamRZ 2009, 171, 176.

(b) Alter, Krankheit (§§ 1571, 1572 BGB)

Im Ausgangspunkt sind Ausschluss oder Einschränkungen auch hier bedenklich, weil beide Ansprüche im "Ranking" ebenfalls hoch angesiedelt sind. Entscheidend sind allerdings die Verhältnisse im Einzelfall. Ist bei Vertragsschluss nicht absehbar, ob und wann der verzichtende Ehegatte wegen Alters oder Krankheit unterhaltsbedürftig werden könnte, ist gegen einen Anspruchsausschluss regelmäßig nichts einzuwenden.[8]

Ist der bedürftige Ehegatte noch relativ weit vom Rentenalter entfernt, bei Vertragsschluss ohne gesundheitliche Einschränkungen und im Besitz von Vermögen, kann davon ausgegangen werden, dass im Alter keine wirtschaftliche Notlage eintreten wird.[9]

Im Ergebnis ist ein Anspruchsausschluss immer unkritisch, sofern der potenziell bedürftige Ehegatte bei Vertragsabschluss jung und gesund ist, denn dann ist nicht absehbar, ob und wann eine Unterhaltsbedürftigkeit wegen Alters oder Krankheit eintreten könnte.[10]

[8] BGH NJW 2017, 1883 Rn 32, m. Anm. Born: Ehefrau 26 Jahre alt; BGH NJW 2014, 1101 Rn 35 unter Hinweis auf BGH NJW 2005, 1370 = FamRZ 2005, 691; NJW 2008, 1080 = FamRZ 2008, 582 Rn 22. S. auch OLG Hamm BeckRS 2020, 4314, Rn 36 = FamRZ 2020, 1629 (LS) m. Anm. Borth: Ehefrau 30 Jahre alt; zur Aufwertung des Altersvorsorgeunterhalts s. Kleffmann in Scholz/Kleffmann, FamR-HdB, Teil H Rn 50i.
[9] BGH NJW 2014, 1101 Rn 35.
[10] BGH NJW 2017, 1883; 2014, 1101; 2002, 2386; OLG Hamm BeckRS 2020, 4314.

(c) Erwerbslosigkeit, Aufstockung (§ 1573 Abs. 1, 2 BGB)

Ein Anspruchsausschluss ist hier vom Ansatz her zunächst unkritisch, weil nicht der Kernbereich betroffen ist. Je nach Ehemodell kann der Anspruch aber im Einzelfall bedeutsam werden, etwa im Zusammenhang mit einem Ausgleich von ehebedingten Nachte...

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