Wie bereits dargestellt (s.o. unter B. II. 2. c) aa), besteht grundsätzlich keine Drucksituation dadurch, dass der andere Ehegatte erklärt, nur mit Ehevertrag heiraten zu wollen.[27] Das ist unter Umständen anders bei einem erheblichen Einkommens- und Vermögensgefälle, sofern der belastete Ehegatte ohne Ehe einer ungesicherten wirtschaftlichen Zukunft entgegensehen müsste.[28] Gleiches kann in Betracht kommen, wenn – wie im Fall der "bosnischen Verkäuferin" (s.o. unter B. I. 4.) – eine Ausländerproblematik hinzukommt.

Gegen eine "verwerfliche Gesinnung" spricht es, wenn der Beurkundung lange Verhandlungen mit wechselseitigem anwaltlichem Beistand vorangegangen sind und eine ausreichende Überlegungsfrist gegeben war. In solchen Fällen wird selbst bei besonderer Großzügigkeit oder Nachgiebigkeit keine Störung der subjektiven Vertragsparität angenommen.[29]

Der BGH nimmt regelmäßig an, dass ein Abzielen auf eine einseitige Benachteiligung den Ehevertrag sittenwidrig machen kann.[30]

Im entschiedenen Fall war die Ehefrau nicht in die Verhandlungen eingebunden, hatte keinen Einfluss auf die Vertragsgestaltung und vorher auch keinen Entwurf erhalten; im Termin wurde ihr der Text nur vorgelesen. Angenommen wurden eine unterlegene Position und eine nur passive Rolle, damit eine auf wirtschaftlicher und sozialer Überlegenheit des Ehemannes beruhende Konstellation. Es kam erschwerend hinzu, dass die Ehefrau einen Säugling bei sich hatte und von daher den Beurkundungstermin schnell hinter sich bringen wollte. Außerdem ging es in dem Termin hauptsächlich um die Umwandlung der Firma, an der sie nicht beteiligt war.[31] Negativ beim begünstigten Ehegatten wirkt sich regelmäßig auch ein "Status-Gefälle" aus. Der BGH hat im Fall der "bosnischen Verkäuferin" (s.o. unter B. I. 4.) darauf abgestellt, dass der Ehemann eine gesicherte Stelle im öffentlichen Dienst hatte, während die Ehefrau nur mit geringem Verdienst als Reinigungskraft tätig war.[32]

[27] BGH NJW 2014, 1101 Rn 41.
[28] BGH NJW 2014, 1101 Rn 41; 2013, 457 Rn 28 = FamRZ 2013, 269; NJW 2009, 2124 Rn 17 = FamRZ 2009, 1041.
[29] BGH NJW 2014, 1101 Rn 44; 1994, 580 = FamRZ 1994, 234, 236.
[30] BGH NJW 2017, 1883 Rn 38 ff., m. Anm. Born.

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