So hat das Bundesverfassungsgericht geprüft, ob die Vorenthaltung des Sorgerechts, die einen Eingriff in das von Art. 6 Abs. 2 GG geschützte Elternrecht des Vaters eines nichtehelichen Kindes darstellt, gerechtfertigt werden kann. Hierzu hat es ausgeführt, das Kindeswohl verlange, dass ein Kind ab seiner Geburt eine Person hat, die für das Kind rechtsverbindlich handeln kann. Angesichts der Unterschiedlichkeit der Lebensverhältnisse, in die nichteheliche Kinder hineingeboren würden, sei nicht generell davon auszugehen, dass der Vater des Kindes bei der Geburt schon bekannt sei, die Vaterschaft anerkannt habe und auch gewillt sei, Sorge für das Kind zu tragen. Die Situation sei insofern anders als bei ehelichen Kindern, bei denen zum Zeitpunkt ihrer Geburt aufgrund gesetzlicher Vermutung, die an das Eheversprechen der Eltern anknüpfe, neben der Mutter auch schon der Vater feststehe und rechtlich Verantwortung für das Kind tragen könne. Insofern sei es gerechtfertigt und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der deutsche Gesetzgeber zunächst einmal der Mutter eines nichtehelichen Kindes die alleinige Sorge für das Kind zuweise.[41]

Der Gesetzgeber habe dem Elternrecht von Vätern nichtehelicher Kinder dadurch Rechnung getragen, dass er ihnen den Zugang zur gemeinsamen Sorge für ihr Kind eröffnet habe, wenn sie gemeinsam mit der Mutter eine entsprechende Sorgeerklärung abgeben. Er habe damit den übereinstimmenden Willen der Eltern zur Voraussetzung für eine gemeinsame Sorgetragung gemacht, ebenso wie bei verheirateten Eltern, die diesen Willen schon im Eheversprechen zum Ausdruck gebracht hätten. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber im Falle der Weigerung der Mutter, eine solche Erklärung abzugeben, dem Vater keine Möglichkeit eröffnet habe, gerichtlich überprüfen zu lassen, ob eine gemeinsame elterliche Sorge für das Kind nicht doch die bessere Lösung als die Alleinsorge der Mutter sei. Denn die Annahme des Gesetzgebers, die Weigerung der Mutter offenbare eine dem Kindeswohl abträgliche Konfliktlage zwischen den Eltern und sei maßgeblich von triftigen Gründen des Kindeswohls getragen, sodass auch eine gerichtliche Prüfung aller Wahrscheinlichkeit nach nicht zur Begründung einer gemeinsamen Sorge führen würde, rechtfertige die Ausschlussregelung, jedoch nur solange, wie sich diese Prognoseeinschätzung des Gesetzgebers nicht als unrichtig herausstelle. Deshalb habe der Gesetzgeber die weitere Entwicklung zu beobachten und gegebenenfalls eine rechtliche Änderung vorzunehmen.[42]

[41] Vgl. BVerfGE 107, 150 (169 f.), EuGRZ 2003, 48 (53 a.E.).
[42] Vgl. BVerfGE 107, 150 (178 ff.), EuGRZ 2003, 48 (56).

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