Ehesachen werden nur auf Antrag eingeleitet (§ 124 FamFG). Durch den Verweis in § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG gilt ansonsten die ZPO, deren weitreichende Dispositionsmöglichkeiten aus den oben genannten Gründen wiederum durch § 113 Abs. 4 FamFG eingeschränkt werden, so dass nach Nr. 2 Antragsänderungen von den Voraussetzungen des § 263 ZPO befreit sind und nach Nr. 6 ein Anerkenntnis des Antragsgegners keinen Anerkenntnisbeschluss zur Folge haben kann. Die Rücknahme eines Scheidungsantrags nach § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 269 Abs. 1 ZPO ist bis zur mündlichen Verhandlung ohne Zustimmung des Antragsgegners möglich.[15] Ebenso ist ein Verzicht auf den Scheidungsantrag nach § 113 Abs. 1 Satz 2, 306 ZPO möglich.[16] Vergleiche sind nur dort möglich, wo die Dispositionsfreiheit besteht, wobei die Scheidung selbst nicht durch Vergleich herbeigeführt werden kann.[17] Da die Beteiligten über die Anhängigkeit des Scheidungsverfahrens disponieren können, dürften übereinstimmende Erledigungserklärungen möglich sein. Bei Tod eines Ehegatten nach Anhängigkeit eines Antrags und vor Rechtskraft der Endentscheidung tritt Erledigung nach § 131 FamFG ex lege ein, so dass es in diesem Fall keiner Erledigungserklärungen bedarf.[18] Ist der Antragsteller säumig, gilt nach § 130 Abs. 1 FamFG eine Fiktion der Rücknahme des Scheidungsantrags.[19] Ist demgegenüber der Antragsgegner säumig, so kann keine Säumnisentscheidung gegen ihn und auch keine Entscheidung nach Aktenlage ergehen (§ 130 Abs. 2 FamFG). Da nach § 113 Abs. 4 Nr. 5 FamFG der § 138 Abs. 3 ZPO nicht gilt, bleiben die Scheidungsvoraussetzungen streitig, so dass das Gericht von Amts wegen ermitteln und dann auch zu einer Entscheidung kommen kann.[20] Die Anhörung des Antragsgegners nach § 128 FamFG kann erzwungen werden.[21]

[15] Sternal/Weber, 21. Aufl. 2023, FamFG § 141 Rn 5.
[16] BeckOGK/Coester-Waltjen, 1.8.2023, BGB § 1564 Rn 164. Der Verzicht auf das Scheidungsrecht bezieht sich jedoch nur auf die bis dahin vorliegenden Scheidungsgründe und niemals auf die Zukunft, denn ansonsten entstünde eine unscheidbare Ehe, so dass bei Neuerfüllung der Scheidungstatbestände die Scheidung stets erneut beantragt werden kann (wobei Trennungsfristen nach dem Verzicht neu anlaufen), vgl. MüKo-BGB/Weber, 9. Aufl. 2022, § 1564 Rn 21 ff. Zur Vereinbarkeit der Unscheidbarkeit einer Ehe mit dem ordre public, vgl. BGH FamRZ 2007, 109.
[17] MüKoBGB/Weber, 9. Aufl. 2022, BGB § 1564 Rn 77. Das Vorliegen der Scheidungstatbestände steht nicht zur Disposition, so dass Vergleiche eigentlich nur über eine Beendigung des Verfahrens möglich sind, vgl. dazu BeckOGK/Coester-Waltjen, 1.8.2023, BGB § 1564 Rn 171.
[18] Sternal/Weber, 21. Aufl. 2023, FamFG § 131 Rn 8; Musielak/Borth/Frank/Borth, 7. Aufl. 2022, FamFG, § 131 Rn 3.
[19] Wegen des öffentlichen Interesses an der Entscheidung soll keine rechtskraftfähige Endentscheidung ergehen, vgl. BT-Drucks 16/6308, S. 228.
[20] MüKo-FamFG/Lugani, 3. Aufl. 2018, § 130 Rn 5.
[21] Vgl. dazu Sternal/Weber, 21. Aufl. 2023, FamFG § 128 Rn 11.

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