In Bezug auf die materiellen Scheidungsvoraussetzungen trifft den Antragsteller die Feststellungslast für Zulässigkeit und die materiellen Scheidungsvoraussetzungen eines Scheidungsantrags, den scheidungsunwilligen Ehegatten jedoch für behauptete Versöhnungsversuche.[8]

Wird ein Scheidungsantrag zu früh gestellt, droht eine Terminierung und bei Nichtvorliegen der materiellen Scheidungsvoraussetzungen auch eine kostenpflichtige Antragszurückweisung.[9] Ein neues Verfahren kann zwar womöglich durch eine Beschwerdeeinlegung vermieden werden, wenn bis zur Entscheidung über die Beschwerde das Trennungsjahr abgelaufen ist, jedoch nur um den Preis des entsprechenden Kostennachteils.[10] Das kann dennoch sinnvoll sein, um den Stichtag zu bewahren.[11] Die Stellung des Scheidungsantrags zwei bis drei Monate vor Ablauf des Trennungsjahres wird regelmäßig von den Gerichten nicht beanstandet, wenn durch den Versorgungsausgleich eine Verbundentscheidung ohnehin erst viel später ergehen kann und dann die Scheidungsvoraussetzungen vorliegen werden.[12]

Für das Beweisrecht gelten nach § 113 Abs. 1 Satz 1 FamFG die Vorschriften der ZPO. Dazu passt allerdings nicht, dass § 127 FamFG die weitgehende Geltung des Untersuchungsgrundsatzes anordnet. Konsequent dürften daher die §§ 29-30 FamFG vom Verweis in § 127 Abs. 1 FamFG umfasst sein.[13] Es besteht schließlich Einigkeit darin, dass eine Beweisaufnahme ohne Beweisanträge angeordnet werden kann.[14] Damit gilt grundsätzlich das Freibeweisverfahren. Es sollte daher in diesem Zusammenhang in der Literatur besser von der Feststellunglast und nicht von der Beweislast die Rede sein.

[8] Musielak/Borth/Frank/Borth, 7. Aufl. 2022, FamFG, § 127 Rn 4; BeckOGK/Unger/Hartmann/Franzius, 1.8.2023, BGB § 1565 Rn 183 f.; MüKo-BGB/Weber, 9. Aufl. 2022, § 1565 Rn 72.
[9] Die Rspr. erkennt eine Verpflichtung des Familiengerichts zur schnellen Terminierung bei streitiger Trennung, vgl. OLG Köln, Beschl. v. 3.2.2006 – 4 WF 18/06, OLGR Köln 2006, 357.
[11] Wird ein Scheidungsantrag verfrüht gestellt, so führt dies auch dann noch nicht zu einer Verschiebung des Stichtags, wenn zwischen der Zustellung des Scheidungsantrags und dem Ablauf des Trennungsjahres acht Monate liegen (OLG Düsseldorf FamRZ 2017, 1044). Allerdings lässt der BGH eine Abweichung von den gesetzlichen Stichtagen für Berechnung und Auskunft über den Zugewinn zu, wenn der gesetzliche Stichtag das Ergebnis des Zugewinnausgleichs als grob unbillig darstellen würde und die Beschränkung auf den in Rede stehenden Ausgleichsanspruch dem Gerechtigkeitsempfinden unerträglicherweise widersprechen würde, wofür der sich auf diese enge Ausnahme berufende Ehegatte die Beweislast trifft, vgl. BGH FamRZ 2018, 331.
[12] Vgl. etwa OLG Frankfurt, Beschl. v. 4.7.2014 – 1 WF 131/14, BeckRS 2014,14750.
[13] So scheint auch Johannsen/Henrich/Althammer/Markwardt, 7. Aufl. 2020, FamFG, § 127 Rn 3 den § 127 FamFG zu verstehen, da hier ein Hinweis darauf erfolgt, dass das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen die Art der Beweiserhebung bestimmt. MüKo-FamFG/Lugani, 3. Aufl. 2018, § 127 Rn 6 betont ebenfalls die Notwendigkeit "zwischen Beweiserhebung, sonstiger "Ermittlung" und der Berücksichtigung der gewonnenen Ergebnisse einen Gleichlauf herzustellen."
[14] MüKo-FamFG/Lugani, 3. Aufl. 2018, § 127 Rn 7; Musielak/Borth/Frank/Borth, 7. Aufl. 2022, FamFG, § 127 Rn 2; Dutta/Jacoby/Schwab, FamFG, 4. Aufl. 2022, § 127 Rn 2.2.

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