Im März 2020[6] hat das BVerfG entschieden, die Aussagebereitschaft eines Kindes sei keine notwendige Voraussetzung für die Bestellung eines Ergänzungspflegers für die Entscheidung über das Zeugnisverweigerungsrecht eines Kindes nach § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO in einem Verfahren gegen die Eltern. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verlange eine solche Prüfung entgegen der überwiegenden Ansicht in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte[7] nicht. Die Pflegerbestellung greife nur gering in das Sorgerecht ein, weil die Eltern bereits kraft Gesetzes nach § 52 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 StPO von der Entscheidung über die Ausübung der Zeugnisverweigerung in gegen sie selbst gerichteten Ermittlungsverfahren ausgeschlossen seien. Die Bestellung eines Ergänzungspflegers sei auch keine unzulässige Vorratsentscheidung. Denn für die Aussagebereitschaft komme es auf den Zeitpunkt der strafrechtlichen Vernehmung an, welcher von dem der familiengerichtlichen Entscheidung erheblich abweichen könne. Im Anschluss an diese Entscheidung des BVerfG hat inzwischen auch der BGH mit Beschl. v. 22.4.2020[8] ausgeführt, es bedürfe in Verfahren auf Bestellung eines Ergänzungspflegers zur Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts weder der Prüfung der Aussagebereitschaft noch der Verstandesreife des Kindes.

Mit Beschl. v. 20.8.2020[9] wies das BVerfG auch die Verfassungsbeschwerde einer Mutter zurück, für deren fünfjährige Tochter Ergänzungspflegschaft bezüglich der Einwilligung zur Entnahme einer Speichelprobe sowie für die Durchführung der Probenentnahme angeordnet worden war. Auch hier bezeichnete das BVerfG die Eingriffsintensität des teilweisen Sorgerechtsentzuges als "sachlich und zeitlich äußerst begrenzt". Darüber hinaus war die von der Mutter geltend gemachte Gefahr einer "Retraumatisierung" des Kindes infolge möglicher Vorführung zur Probenentnahme erst dadurch entstanden, dass die Mutter es zu einer früheren Vorführung mit anschließender Eskalation der Situation hatte kommen lassen und der Teilentzug des Sorgerechts war gerade zur Vermeidung einer erneuten Eskalation angeordnet worden.

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