Gründe: [1] Die Antragstellerin hat unter dem 29.8.2019 auf Trennungsunterhalt in Höhe von 450 EUR angetragen. Sie betreut nach Trennung der Eheleute die stark sehbehinderte gemeinsame Tochter, die in Pflegegrad III eingestuft ist. Dafür erhält sie monatlich 554 EUR Pflegegeld. Die Antragstellerin hat bei der Unterhaltsberechnung ein Gehalt von 1.100 EUR miteingestellt, berufsbedingte Aufwendungen in Abzug gebracht und mietfreiem Wohnen die Raten für Hausdarlehen gegenübergestellt. Bei Berücksichtigung der für den Antragsgegner zugrunde gelegten Einkünfte (2.642 EUT) und bei Berücksichtigung von 1/7 Erwerbstätigenbonus errechnete sie sich einen Unterhaltsanspruch von Höhe von 490 EUR. Dabei hat sie das Pflegegeld wie eigenes Einkommen behandelt.

[2] Der Antragsgegner ist dem Unterhaltsantrag entgegengetreten und hat dazu u.a. die Nettoeinkünfte der Antragstellerin als höher veranschlagt und damit streitig gestellt. Auch den von der Antragstellerin eingestellten Wohnvorteil errechnet er mit 650 EUR statt der von ihr berücksichtigten 450 EUR. Aus diesem Grund kommt der Antragsgegner bei der Berechnung des Unterhaltes für die getrennt lebende Ehefrau auf einen geringeren Betrag, er beantragt insgesamt Zurückweisung des Unterhaltantrages. Im Verfahren ist sodann von der Antragstellerin vorgetragen worden, dass sich die Einkünfte des Antragsgegners seit dem 1.11.2019 infolge eines Arbeitsplatzwechsels erhöht hätten. Die Antragstellerin hat daraufhin auch klargestellt, dass es sich bei der Klage um einen Teilantrag handeln solle. Am 12.3.2020 teilte der Antragsgegner mit, er habe erneut die Arbeitsstelle gewechselt und verdiene nunmehr 3.136 EUR. Am 26.5.2020 behauptete er, er sei mittlerweile im Kurzarbeitergeldbezug, am 22.6.2020 teilte er zwei Tage vor dem Termin mit, er sei nunmehr gekündigt worden.

[3] Im Verhandlungstermin am 24.6.2020 hat die zuständige Richterin am Amtsgericht – Direktorin des Amtsgerichts – darauf hingewiesen, dass Pflegegeld "in Unterhaltsfällen nicht anzurechnen ist".

[4] Der Antragsgegner hat die zuständige Richterin daraufhin wegen dieses Hinweises zur Nichtanrechnung des Pflegegeldes als befangen abgelehnt.

[5] Die zuständige Richterin hat im Rahmen ihrer dienstlichen Stellungnahme darauf verwiesen, dass es sich bei der Frage der Anrechnung von Pflegegeldern um eine Rechtsfrage handelt, die nach § 13 Abs. 6 SGB XI und mit dem BGH eindeutig zu beantworten sei. Sie halte sich daher nicht für befangen. Der Antragsgegner hat nach Erhalt dieser dienstlichen Erklärung betont, das Gericht habe seine Hinweispflicht nach § 139 ZPO so weit überschritten, dass nach außen hin der Eindruck einer Befangenheit habe entstehen können. Die Vorschrift des § 139 ZPO diene nicht dem Zweck, die Höhe des geltend gemachten Anspruchs zu maximieren, also der Antragstellerin die Möglichkeit zu geben, ihren Anspruch zu erweitern. Bei dem Antragsgegner habe der Eindruck entstehen müssen, dass Ziel des Hinweises sei, die Antragstellerin zu einer Maximierung der Anspruchshöhe zu veranlassen.

[6] Die Antragstellerin ist dem Befangenheitsantrag entgegengetreten.

(7) Mit Beschl. v. 11.8.2020 hat das Amtsgericht den Befangenheitsantrag zurückgewiesen und dazu ausgeführt, dass ein Anhaltspunkt, aus dem ein vernünftiger Betrachter auf eine Befangenheit der Richterin habe schließen können, sich nicht aus dem Hinweis gemäß § 139 ZPO ergebe. Ersichtlich seien beide Beteiligten – rechtsirrig oder nicht – davon ausgegangen, dass bei der Unterhaltsberechnung auch das Pflegegeld als Einkommen der Antragstellerin anzusehen sei. Es sei die Aufgabe der Richterin gewesen, beide Beteiligte über einen etwaigen Rechtsirrtum aufzuklären, sie habe damit die Grenzen des § 139 ZPO nicht überschritten.

[8] Mit ihrer nach Zustellung des Beschlusses am 18.8.2020 fristgerecht am 1.9.2020 eingelegten sofortigen Beschwerde, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat, verfolgt der Antragsgegner das Ziel der Ablehnung der Richterin weiter. Es sei besonders zu berücksichtigten, dass die betroffene Richterin bereits zu Beginn der Verhandlung darauf hingewiesen habe, dass das Pflegegeld nicht einkommenserhöhend auf Seiten der Antragstellerin zu betrachten sei. Gerade die frühe Äußerung der Richterin habe bei dem Antragsgegner den Eindruck erwecken müssen, sie sei in der Sache nicht unparteilich.

II. [9] Die zulässige sofortige Beschwerde ist aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses und des Nichtabhilfebeschlusses zurückzuweisen.

[10] Die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit findet gemäß §§ 6 Abs. 1 FamFG, 42 Abs. 2 ZPO statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Hierzu sind nur objektive Gründe geeignet, die vom Standpunkt des Ablehnende aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen gegenüber (Vollkommer in: Zöller ZPO, 33. Aufl. 2020, § 42 Rn 9 m.w.N.).

[11] Weder aus der dienstliche...

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