Einführung

In seiner Sitzung vom 13.2.2020 hat der Bundestag das Gesetz zur Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26.3.2019 zum Ausschluss der Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien verabschiedet. Dem ging ein Diskussionspapier des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV),[2] ein Referentenentwurf (RefE),[3] der Regierungsentwurf (RegE) eines Gesetzes zur Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26.3.2019 zum Ausschluss der Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien[4] und ein Antrag der FDP-Bundestagsfraktion[5] voraus. Der Bundestag hat das Gesetz mit den vom Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz empfohlenen Änderungen[6] beschlossen. Die Änderung ist zum 31.3.2020 in Kraft getreten. Das Bundesverfassungsgericht[7] hatte dem Gesetzgeber für eine Neuregelung eine Frist bis zu diesem Tag gesetzt.

I. Allgemeines zur bisherigen Rechtslage

Gem. §§ 1741, 1754 Abs. 1, 1755 Abs. 2 BGB kann ein minderjähriges Kind eines Ehegatten[8] vom anderen Ehegatten angenommen werden und wird damit gemeinschaftliches Kind beider Ehegatten. Durch die Annahme erlischt nicht das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes zum Ehegatten des Annehmenden, sondern nur das zum anderen Elternteil, also demjenigen, der nicht mit dem Annehmenden verheiratet ist. Das Stiefkind be- bzw. erhält so beide Ehegatten als Eltern im Rechtssinne.

Ist der Annehmende nicht verheiratet, hat die Annahme des minderjährigen Kindes gem. § 1754 Abs. 2 BGB zur Folge, dass das Kind Kind des Annehmenden wird. Das Verwandtschaftsverhältnis zu beiden (bisherigen) Elternteilen erlischt, § 1755 Abs. 1 BGB.

Danach führt die Annahme des Kindes des mit dem Annehmenden zusammen lebenden, mit diesem aber nicht verheirateten Elternteils zum Verlust der rechtlichen Elternschaft auch dieses Elternteils und das Kind wird alleiniges Kind des Annehmenden. In der Praxis hat dies faktisch bisher zur Folge, dass eine solche Annahme nicht erfolgt.

Flankiert wird Vorgenanntes insbesondere von der Regelung des § 1741 Abs. 2 S. 1 BGB, wonach ein Nichtverheirateter ein Kind nur allein annehmen kann. Nach § 1741 Abs. 2 S. 2 BGB ist es demgegenüber einem Ehepaar nur möglich, ein Kind gemeinschaftlich anzunehmen. Ist der Anzunehmende Kind des Ehegatten des Annehmenden, lässt § 1741 Abs. 2 S. 3 BGB die alleinige Annahme des Kindes durch den Ehegatten des Elternteils zu. § 1741 Abs. 2 S. 4 BGB ermöglicht die alleinige Annahme durch den verheirateten Annehmenden schließlich für den Ausnahmefall, dass der andere Ehegatte das Mindestalter von 21 Jahren (vgl. § 1743 BGB) noch nicht erreicht hat oder geschäftsunfähig ist.

Wesentliche Voraussetzung der Adoption ist gemäß § 1741 BGB, dass die Annahme dem Wohl des Kindes dient. Dies ist nur dann der Fall, wenn sich durch die Annahme die Lebensbedingungen des Kindes so verändern, dass eine erheblich bessere Entwicklung der Persönlichkeit des Kindes zu erwarten ist. Soweit § 1741 Abs. 1 S. 1 BGB auch die Erwartung fordert, dass zwischen dem Annehmenden und dem Kind ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht, spielt dies bei der Minderjährigenadoption keine eigenständige Rolle. Fehlt es an einer solchen Erwartung, so kann eine Adoption auch nicht dem Wohl des Kindes dienen.[9]

[8] Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird die Sprachform des generischen Maskulinums angewandt. Es wird darauf hingewiesen, dass die Verwendung der männlichen Form geschlechtsunabhängig verstanden werden soll.

II. Die Entscheidung des BVerfG vom 26.3.2019

Mit Beschl. v. 26.3.2019[10] hat das BVerfG den faktischen vollständigen Ausschluss der Stiefkindadoption in nichtehelichen Lebensgemeinschaften wegen des Verstoßes gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgebot für nicht gerechtfertigt und insoweit §§ 1754 Abs. 2, 1755 Abs. 1 BGB für verfassungswidrig erklärt. Dem Gesetzgeber hat es aufgegeben, bis 31.3.2020 hierzu eine gesetzliche Neuregelung zu schaffen. Bis zur gesetzlichen Neuregelung ist das bisherige Recht wegen Unvereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG auf nichteheliche Stiefkindfamilien nicht anwendbar. Den Familiengerichten hat das BVerfG vorgegeben, dies betreffende Verfahren bis zu einer Neuregelung auszusetzen.

Grundlage dieser Entscheidung vom 26.3.2019 ist der Gesichtspunkt, dem für jede Adoptionsentscheidung in materiell-rechtlicher Hinsicht wesentli...

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