Der Gesetzentwurf der Bundesregierung (RegE) hätte den Gesetzgebungsauftrag gemäß Beschl. des BVerfG v. 26.3.2019 bereits ohne die in Gestalt der Beschlussempfehlung des AfRuV erfolgten Änderungen[16] grundsätzlich in geeigneter Weise erfüllt. Vor allem zur Terminologie der in das Adoptionsrecht eingeführten "verfestigten Lebensgemeinschaft" hat sich zwar Verbesserungsbedarf aufgedrängt, dem der Gesetzgeber sich jedoch entgegen allen darauf zielenden Stellungnahmen der Sachverständigen in der öffentlichen Anhörung[17] entzogen hat.

Der RegE sieht als zentralen Inhalt die Öffnung der Stiefkindadoption für nichteheliche Paare im Rahmen einer Spezialregelung durch Einfügung eines § 1766a BGB vor, die wie folgt lautet:

"1766a – Annahme von Kindern des nichtehelichen Partners"

(1) Für zwei Personen, die in einer verfestigten Lebensgemeinschaft in einem gemeinsamen Haushalt leben, gelten die Vorschriften dieses Untertitels über die Annahme eines Kindes des anderen Ehegatten entsprechend.

(2) Eine verfestigte Lebensgemeinschaft im Sinne des Absatzes 1 liegt in der Regel vor, wenn die Personen

1. seit mindestens vier Jahren oder

2. als Eltern eines gemeinschaftlichen Kindes mit diesem

eheähnlich zusammenleben. Sie liegt nicht vor, wenn ein Partner mit einem Dritten verheiratet ist.“

Der RegE beseitigt damit die Schlechterstellung von Stiefkindern in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gegenüber Stiefkindern eines Ehegatten. Dabei lässt er die Regelungen zur Stiefkindadoption durch den Ehegatten unberührt und eröffnet deren entsprechende Anwendung auf Stiefkinder in nichtehelichen Lebensgemeinschaften.

1. Kindeswohl

Maßgebliches Kriterium jeder Adoption ist das Kindeswohl, weshalb § 1741 Abs. 1 S. 1 BGB eine Adoption nur zulässt, wenn sie dem Wohl des Kindes dient. Dies ist nur der Fall, wenn sich hierdurch die Lebensbedingungen des Kindes so verändern, dass eine erheblich bessere Entwicklung der Persönlichkeit des Kindes zu erwarten ist.[18] Da dies auch bei Stiefkindern des nichtehelichen Lebenspartners vorliegen kann, die bisherige Regelung diese Stiefkindadoption aber faktisch nicht zulässt, liegt in dem mit einer solchen Adoption einhergehenden rechtlichen Verlust des anderen Elternteils eine unverhältnismäßige Benachteiligung dieser Kinder.

Der Blickwinkel aus Sicht des Kindeswohls sollte auch zukünftig der bestimmende Gesichtspunkt für das Adoptionsrecht bleiben. Dem folgt der RegE, indem er sich auf die Behebung der seitens des BVerfG beanstandeten Benachteiligung der Stiefkinder in nichtehelichen Lebensgemeinschaften beschränkt. Das Kindeswohl ist auch maßgeblich dafür, die Stiefkindadoption nur in Stabilität versprechenden Lebensgemeinschaften zuzulassen. Das Ziel, Stiefkindadoptionen zu verhindern, wenn die Beziehung des Annehmenden zum rechtlichen Elternteil keine längere Bestandsaussicht hat, ist vom BVerfG anerkannt.[19] Dieses vom Kindeswohl bestimmte Ziel gilt über die Stiefkindadoption hinaus für das gesamte Adoptionsrecht. An diesem Ziel festzuhalten ist unabdingbar.

Mittels der Adoption wird – anders als im Abstammungsrecht – durch zwingend erforderliche Gerichtsentscheidung und damit seitens des Staates in bestehende Verwandtschaftsverhältnisse eingegriffen und neue werden begründet. Sind die an die Adoptionsentscheidung gerichteten Voraussetzungen zu niederschwellig, drohen aufgrund unzulänglicher Beziehungsverhältnisse nachfolgend Zerwürfnisse. Diese führen sodann oftmals zu weiteren rechtlichen Auseinandersetzungen, die in der Praxis insbesondere in Streitigkeiten um das Recht der elterlichen Sorge und den Umgang hiervon betroffener Kinder mit einem Elternteil münden. Dass solche Gegebenheiten vor allem Belastungen der Kinder darstellen, liegt auf der Hand. Regelmäßig zeigt sich in der Praxis, dass verstrittene Elternteile den Kampf um "das Recht am Kind" nutzen, um sich hinsichtlich ihrer Paarprobleme auseinander- und gegen den Ex-Partner durchzusetzen. Auch wird die Entscheidung zur elterlichen Sorge und zum Umgang oftmals seitens der Eltern oder zumindest eines Elternteils dem Kind aufgebürdet, ohne die Belange des Kindes in den Blick zu nehmen.

In den Kindschaftssachen ist das Kindeswohl ebenfalls zentraler Beurteilungsmaßstab. Daher ist es zwingend, das Kindeswohl unverändert als entscheidenden Maßstab jeder Adoptionsentscheidung beizubehalten.

Folglich muss das Kindeswohl auch maßgeblicher Gesichtspunkt bei der Frage sein, inwieweit eine Adoption über die derzeitigen Möglichkeiten hinaus grundsätzlich zugelassen werden soll. Ausgangspunkt dieser Überlegung muss also das Kind sein, nicht der/die – potenzielle(n) – Annehmende(n).

Mit dem RegE, ist dies b...

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