[1] I. Die Antragstellerin begehrt die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für einen Scheidungsantrag.

[2] Die Beteiligten, deutsche Staatsangehörige, schlossen am 5.12.1992 in L miteinander die Ehe. Der Antragsgegner ist aus der Ehewohnung ausgezogen und nach der Behauptung der Antragstellerin am 6.7.2011 verschwunden.

[3] Die Antragstellerin hat behauptet, vermutlich halte sich der Antragsgegner in Russland auf. Zu den Geburtstagen habe er die gemeinsamen Söhne angerufen; die entsprechende Vorwahl sei eine russische gewesen. Ihr sei es nicht gelungen, den Aufenthaltsort des Antragsgegners ausfindig zu machen. Sie habe – erfolglos – sowohl den Vater und die Schwester des Antragsgegners als auch zwei Nachbarn nach dem Aufenthaltsort gefragt. Ursprünglich hat sie behauptet, Freunde des Antragsgegners hätten auf Nachfrage behauptet, den Aufenthaltsort nicht zu kennen. Sodann hat sie behauptet, der Antragsgegner habe keine Freunde. Auch einen Arbeitgeber habe er nicht. Mithin sei der Scheidungsantrag öffentlich zuzustellen.

[4] Auf Nachfrage des Amtsgerichts hat das Einwohnermeldeamt der Stadt Z1 mitgeteilt, dass der Antragsgegner unter der bisherigen Anschrift gemeldet sei. Das Amtsgericht hat mit Verfügung vom 21.6.2012 die Antragstellerin darauf verwiesen, dass die dargelegten bisherigen Bemühungen nicht genügten, um eine öffentliche Zustellung zu rechtfertigen.

[5] Das Amtsgericht hat mit Beschl. v. 6.8.2012 den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und den Antrag auf Bewilligung der öffentlichen Zustellung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass eine öffentliche Zustellung nicht erfolgen könne. Die Antragstellerin habe nicht dargetan, alle zumutbaren Nachforschungen unternommen zu haben. Da überdies ein Antrag auf Ehescheidung öffentlich zugestellt werden müsse, seien besonders strenge Anforderungen an die Anordnung einer öffentlichen Zustellung zu stellen. Allein bei objektiver Unmöglichkeit der Ermittlung des Aufenthaltsortes des Antragsgegners komme die öffentliche Zustellung in Betracht. Insofern sei die Antragstellerin nicht nur zur Nachfrage im Inland lebender Angehöriger, sondern auch zur Ermittlung im Verwandten- und Bekanntenkreis in Russland verpflichtet. Gegebenenfalls hätte sie eine Vermisstenanzeige aufgeben müssen. Ein Abgleich von Kontobewegungen oder der anlässlich der telefonisch übermittelten Geburtstagsglückwünsche erkennbaren Telefonnummer hätte ebenfalls zur Ermittlung durchgeführt werden müssen.

[6] Gegen diesen Beschluss richtet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde. Sie rügt, das Nachfragen beim letzten Arbeitgeber, Sozialversicherungsträger oder der Krankenkasse deswegen von vornherein erfolgslos blieben, da die Familie mit dem Antragsgegner seit 2007 durchweg von Leistungen nach dem SGB II gelebt habe. Die Bundesagentur für Arbeit habe aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Auskunft erteilt, wie sich aus deren Schreiben vom 6.9.2012 ergebe. Auch soweit gegen den Antragsgegner ein Strafverfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis betrieben werde, sei weder die Polizei noch die Staatsanwaltschaft befugt, Auskünfte zu erteilen oder Akteneinsicht zu gewähren. Bei der Telefonnummer habe es sich um den Mobilanschluss eines russischen Telefonanbieters gehandelt. Ein gemeinsames Konto hätten sie, die Antragstellerin und der Antragsgegner, nicht gehabt. Weitere Nachforschungen würden aller Voraussicht nach mehr als zwei Wochen in Anspruch nehmen. So wolle sie über die Schwester des Antragsgegners den Aufenthalt seiner Mutter in Russland in Erfahrung bringen.

[7] Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

[8] II. Soweit sich die Antragstellerin gegen die Versagung der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe richtet, ist ihre Beschwerde nach den §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 127 Abs. 2 ZPO, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässig, aber nicht begründet.

[9] Die Entscheidung des Familiengerichts, der Antragstellerin die nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe für das Scheidungsverfahren mangels hinreichender Erfolgsaussicht (§ 114 ZPO) zu verweigern, hält dem Beschwerdeangriff stand.

[10] 1. Zutreffend hat das Amtsgericht der Antragstellerin im Scheidungsverfahren Verfahrenskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht versagt, da für den Antragsgegner keine Zustellungsadresse vorliegt und die Voraussetzungen für die Bewilligung der öffentlichen Zustellung des Scheidungsantrags nicht hinreichend dargetan sind.

[11] Nach §§ 121 Nr. 1, 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 185 Nr. 1 ZPO setzt die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung voraus, dass der Aufenthalt eines Beteiligten unbekannt ist. Dabei genügt es nicht, dass der Aufenthalt dem Amtsgericht oder der Antragstellerin unbekannt ist. Er muss vielmehr allgemein unbekannt sein. Im Zivilprozess ist es grundsätzlich Aufgabe der Partei, die die öffentliche Zustellung begehrt, alle der Sache nach möglichen und geeigneten Nachforschungen anzustellen, um den Aufenthalt des Z...

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