Die Entscheidung befasst sich mit einem besonderen Aspekt des Verhältnisses zwischen Zugewinnausgleich und allgemeiner Vermögensauseinandersetzung unter Ehegatten. Zu entscheiden war die Frage, ob nach abgeschlossener Auseinandersetzung über den Zugewinnausgleich im Rahmen der Ehescheidung – verbunden mit einer Erledigungsklausel in Bezug auf familienrechtliche Ansprüche – ein Darlehensanspruch geltend gemacht werden kann, der im Zugewinnausgleichsverfahren zu keinem Zeitpunkt Erwähnung gefunden hatte.

Der BGH hält an seiner Rechtsprechung zur Zweigleisigkeit zwischen dem Güterrecht und der Geltendmachung schuldrechtlicher Ansprüche (BGHZ 115, 132 ff.) fest und stellt klar, dass diese grundsätzliche Zweigleisigkeit nicht schlechthin unter dem Vorbehalt stehe, dass der güterrechtliche Ausgleich nicht stattfinden oder ein bereits erfolgter Ausgleich noch korrigiert werden könne. Vielmehr blieben Forderungen, die außerhalb des güterrechtlichen Anspruchs geltend gemacht werden können, auch dann noch klagbar, wenn der güterrechtliche Ausgleich bereits stattgefunden hat und das Ergebnis nicht mehr korrigiert werden kann.

Der BGH stellt aber klar, dass in einem solchen Fall dem Schuldner der schuldrechtlichen Forderung eine Einwendung zuzugestehen ist, die eine unbillige doppelte Inanspruchnahme vermeidet.

Er entwickelt auf der Basis einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (bezogen auf den Ausgleich einer ehebedingten Zuwendung) im Wege einer Verallgemeinerung den Grundsatz, dass der Gläubiger einer nachträglich geltend gemachten Einzelforderung sich darauf dasjenige soll anrechnen lassen müssen, was er im Zugewinnausgleich infolge der Nichtberücksichtigung dieser Forderung mehr erhalten habe – oder als Ausgleichspflichtiger weniger habe zahlen müssen –, als dies bei zutreffender Berücksichtigung der Forderung im Zugewinnausgleichsverfahren der Fall gewesen wäre.

Dabei legt sich der Senat allerdings nicht fest, ob es in jedem Fall erforderlich und gerechtfertigt sei, eine Anrechnung zuzulassen oder ob Vorwerfbarkeit vorangegangenen Verhaltens oder andere Unbilligkeitsgesichtspunkte hinzukommen müssen. Er lässt die Anrechnung jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung zu. Die Voraussetzungen hierfür sieht der BGH bei Verletzungen der Auskunftsverpflichtung oder der Verpflichtung zu vollständigem und wahrheitsgemäßem Prozessvortrag nach § 138 Abs. 1 ZPO als erfüllt an. Er betont im Übrigen, dass auch ohne schuldhaftes Verhalten eine unzulässige Rechtsausübung vorliegen könne wegen sachlicher Unvereinbarkeit des früheren Verhaltens mit dem späteren und sich hieraus ergebender vorrangiger Schutzbedürftigkeit der Gegenpartei. Trotz dieses objektiven Ansatzes wird dann aber wiederum verlangt, dass die nachträglich geltend gemachte Forderung im Zugewinnausgleichsverfahren "arglistig" nicht vorgetragen wurde.

Der Senat will offenkundig unnötige Festlegungen im Hinblick auf denkbare Varianten der Fallgestaltung vermeiden.

Die dargelegten Grundsätze, insbesondere der Ansatz, dass eine doppelte Inanspruchnahme eines Ehegatten grundsätzlich zu vermeiden ist, werden im Allgemeinen – ohne das Hinzutreten ganz besonderer Umstände – zur Anwendung der entwickelten Lehre führen müssen. Es ist also im Nachhinein eine fiktive Korrektur der Zugewinnausgleichsberechnungen um die im Zugewinnausgleichsverfahren nicht berücksichtigte und später geltend gemachte Forderung durchzuführen und diese gegebenenfalls entsprechend zu kürzen.

Der Senat gibt auch für die Praxis wichtige Vorgaben für die dabei zu berücksichtigenden Darlegungs- und Beweislasten:

  • Der Ehegatte, der sich auf Verfälschung des Zugewinnausgleichs beruft, hat die Darlegungs- und Beweislast dafür, wie sich der Ansatz der nachträglich geltend gemachten Forderung im Zugewinnausgleich ausgewirkt hätte.
  • Umkehr der Beweislast, falls dargelegt werden kann, dass die nachträglich geltend gemachte Forderung im Zugewinnausgleichsverfahren arglistig nicht vorgetragen worden ist.
  • Wenn sich die Grundlagen nicht mehr eindeutig feststellen lassen, kann der nachträglich in Anspruch genommene Schuldner sich auf den gegnerischen Vortrag im Zugewinnausgleichsverfahren berufen (also für die nachträglichen fiktiven Berechnungen auf dessen ursprüngliche Berechnungen im Zugewinnausgleichsverfahren zugreifen und sie sich zu Eigen machen). In diesem Fall darf die Gegenseite sich nicht auf einfaches Bestreiten beschränken.

Die Entscheidung ist zu begrüßen, weil sie einerseits an der richtigen Systematik der Zweigleisigkeit von Zugewinnausgleich und sonstiger Vermögensauseinandersetzung festhält, andererseits einen sachgerechten Lösungsweg für den nicht häufigen, aber auch nicht ganz unwahrscheinlichen Fall der nachträglichen Geltendmachung einer nicht berücksichtigten Forderung aufzeigt. Die Entscheidung zeigt aber auch, wie wichtig sorgfältiger Umgang bei vertraglicher Regelung des Zugewinnausgleichs mit Erledigungsklauseln ist. Die auf familienrechtliche Ansprüche beschränkte E...

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