§ 26 VersAusglG enthält eine Sonderregelung zum Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung für den Fall, dass die verstorbene ausgleichspflichtige Person ein noch nicht ausgeglichenes Anrecht bei einem ausländischen, zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Versorgungsträger erworben hatte (vgl. § 19 Abs. 2 Nr. 4 VersAusglG). Dann besteht ein Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung nicht gegen den Versorgungsträger, sondern gegen die Witwe oder den Witwer der ausgleichspflichtigen Person, soweit sie eine Versorgung erhalten (§ 26 VersAusglG). Im Übrigen gelten die Voraussetzungen der § 25 Abs. 2 bis 4 VersAusglG (§ 26 Abs. 2 VersAusglG).

Das Verfahren wird durch den erforderlichen Antrag des Berechtigten eingeleitet (§ 223 FamFG), Witwer oder Witwe der verstorbenen ausgleichspflichtigen Person sind am Verfahren zu beteiligen (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG).[60] Die örtliche Zuständigkeit des Familiengerichts richtet sich nach § 218 FamFG, d.h. dass entweder das Gericht am Wohnsitz des Witwers oder der Witwe (§ 218 Nr. 3 FamFG) oder das Gericht am Wohnsitz des ausgleichsberechtigten geschiedenen Ehegatten zuständig ist, wenn letzterer noch am Ort des letzten gemeinsamen Aufenthalts wohnt (§ 218 Nr. 2 FamFG).[61]

Auch wenn Witwer oder Witwe im Ausland leben, sind gemäß § 102 FamFG mangels vorrangiger internationaler Zuständigkeitsregelung für Versorgungsausgleichsverfahren[62] deutsche Gerichte zuständig, wenn die den Antrag stellende ausgleichsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat (§ 102 Nr. 1 FamFG).[63] § 102 Nr. 1 und 3 FamFG erfassen auch ausländische Anrechte.[64] Örtlich zuständig ist dann das Gericht, in dessen Bezirk ein im Inland lebender Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (§ 218 Nr. 4 FamFG).

Nicht eindeutig ist die Rechtslage zur Zuständigkeit deutscher Gerichte in dem Fall, in dem sowohl eine nach § 26 Abs. 1 VersAusglG ausgleichsberechtigte Person als auch Witwer oder Witwe ihren gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb Deutschlands haben, die Ehe der ausgleichsberechtigten Person und der verstorbenen ausgleichsverpflichteten Person aber in Deutschland geschieden wurde. Seinem Wortlaut nach greift § 102 Nr. 3 FamFG nicht, denn Antragsgegner ist nicht der verstorbene Ehegatte, sondern Witwer oder Witwe. Die Gesetzesbegründung zu § 102 Nr. 3 FamFG spricht aber dafür, dass § 102 Nr. 3 FamFG die Fälle des § 26 Abs. 1 VersAusglG erfassen soll, in denen ausgleichsberechtigte Person und Witwer oder Witwe im Ausland leben und die Ehe des Verstorbenen mit der ausgleichsberechtigten Person in Deutschland geschieden wurde. Denn der Gesetzgeber ging – im Hinblick auf § 19 Abs. 2 Nr. 4 VersAusglG allerdings nicht ohne weiteres nachvollziehbar – davon aus, dass über ausländische Anrechte oftmals nicht im Verbund entschieden wird, weil dies den Ausspruch der Scheidung verzögern würde. Für den Fall der Abtrennung erschien es unbillig, im Fall der Scheidung durch ein deutsches Gericht für den Versorgungsausgleich den Weg zu deutschen Gerichten zu versperren, obwohl der Versorgungsausgleich vor einem ausländischen Gericht möglicherweise nicht durchgeführt werden kann.[65] Einem Verfahren über den Anspruch nach § 26 VersAusglG geht zwar nicht zwingend eine Verfahrensabtrennung voraus. Dennoch greift die Erwägung, dass der Versorgungsausgleich vor einem ausländischen Gericht möglicherweise nicht durchgeführt werden kann, auch für § 26 VersAusglG.[66] Örtlich zuständig ist dann das Amtsgericht Schöneberg (§ 218 Nr. 5 FamFG).[67]

In jedem Fall ist aber kollisionsrechtlich zu prüfen, ob ein Ausgleich nach § 26 VersAusglG stattfindet, d.h. deutsches Recht anwendbar ist. Das ist nach Art. 17 Abs. 4 Satz 1 EGBGB in den von § 26 VersAusglG erfassten Fällen nur gegeben, wenn nach der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 auf die Scheidung deutsches Recht anzuwenden war und das Recht eines der Staaten, denen die geschiedenen Ehegatten zum Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens angehörten, den Versorgungsausgleich kennt. Jedenfalls wenn die Ehegatten in Deutschland geschieden wurden und einer der Ehegatten die deutsche Staatsangehörigkeit hatte, findet danach § 26 VersAusglG zwischen überlebendem Ehegatten und Witwe/Witwer Anwendung.

[60] Vgl. Musielak/Borth/Frank/Borth, FamFG, 7. Aufl. 2022, § 219 Rn 12.
[61] Vgl. MüKo-BGB/Ackermann-Sprenger, 9. Aufl. 2022, VersAusglG § 26 Rn 9.
[62] Vgl. Borth, FamRZ 2019, 1573; Prütting/Helms/Hau, FamFG, 6. Aufl. 2023, § 102 Rn 3 ff.
[63] Vgl. MüKo-BGB/Ackermann-Sprenger, 9. Aufl. 2022, VersAusglG§ 26 Rn 9; Borth, Versorgungsausgleich, 9. Aufl. 2021, Kap. 5 Rn 38.
[64] Vgl. OLG Brandenburg v. 28.11.2016 – 13 UF 161/16, FamRZ 2017, 965; Prütting/Helms/Hau, FamFG 6. Aufl. 2023, § 102 Rn 7.
[65] Vgl. BT-Drucks 16/6308, S. 221.
[66] Ebenso wohl MüKo-BGB/Ackermann-Sprenger, 9. Aufl. 2022, VersAusglG § 26 Rn 9, weil nur in dieser Konstellation die befürwortete Auffangzuständigkeit nach § 218 Nr. 5 FamFG zum Tragen kommt.
[67] Vgl. MüKo-BGB/Ackermann-Sprenger, 9. A...

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