Der Vorschlag sieht ein äußerst großzügiges Zuständigkeitsregime vor, bei dem praktisch jeder persönliche Anknüpfungspunkt einer der beteiligten Personen eine Zuständigkeit etablieren kann (Art. 6–8). Darüber hinaus wird eine Notzuständigkeit für alle weiteren, schwer vorstellbaren Fälle eröffnet (Art. 9). Dieser weite Zuständigkeitskatalog ist schon bereits deswegen problematisch, da er weite Möglichkeiten zum forum shopping ermöglicht. Die Problematik wird darüber hinaus noch verschärft dadurch, dass sowohl die Etablierung der Elternschaft (ggf. auch durch Adoption, s.o. a)) und die Beseitigung durch Anfechtung hierunter fallen.

Weiterhin existiert zwar eine lis pendens-Regelung ähnlich wie in anderen EU-Rechtsakten (Art. 14), aber keine zur res iudicata. Im Gegenteil soll die Anerkennung einer Entscheidung versagt werden (Art. 31), wenn sie in Widerspruch zu einer später ergangenen Entscheidung steht (Abs. 1 lit. d und e). Diese Norm in Kombination mit dem weiten Zuständigkeitssystem lädt also dazu ein, zu warten, bis eine Entscheidung ergangen ist und im Anschluss, wenn der Streit nicht mehr anhängig ist, eine andere Entscheidung in einem anderen Gerichtsstaat einzuholen, welche dann der ersten Entscheidung vorgeht. Dies kann von dem Vorschlag nicht in dieser umfassenden Form gewollt worden sein. Es ist anzunehmen, dass der Vorschlaggeber den Fall vor Augen hatte, dass z.B. eine zunächst etablierte Vaterschaft später durch Anfechtung oder eine Elternschaft durch eine später ergangene Adoptionsentscheidung aufgehoben wird. Hier wäre eine Klarstellung notwendig, dass kein wie oben beschriebenes aufeinanderfolgendes forum shopping angestoßen werden soll. Auch wäre es sinnvoll, den Zuständigkeitskatalog auf wenige fora zurückzuschneiden, um allgemein die Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu erhöhen.

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