Ohne Erfolg blieb die Verfassungsbeschwerde einer allein sorgeberechtigten Mutter gegen den durch Eilanordnung im November 2019 erfolgten vorläufigen Entzug u.a. des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die 2013 geborene Tochter. Das Familiengericht hatte entschieden, die Mutter habe nur eine unzureichende Bindungstoleranz und baue ein Feindbild des Vaters beim Kind auf; zugleich lehnte es eine Übertragung des Sorgerechts auf den Vater nach § 1680 BGB ab. Die eingesetzte Ergänzungspflegerin überführte daraufhin Anfang Dezember 2019 das Kind in den Haushalt des Vaters. Das OLG wies im Januar 2020 die Beschwerde der Mutter zurück. Es bestünden Hinweise, dass die ablehnende Haltung des Kindes gegenüber dem Vater auf einer bewussten oder unbewussten Beeinflussung durch die Mutter beruhe. Die Gesamtsituation des Kindes habe sich durch den Obhutswechsel verbessert.

Das BVerfG[3] sah eine Grundrechtsverletzung nicht hinreichend substantiiert dargetan, äußerte aber an der Entscheidung des OLG Zweifel: Die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf einen Ergänzungspfleger beinhalte die jederzeitige Möglichkeit einer Trennung des Kindes von beiden Elternteilen, auch wenn hier das Kind zum Vater gegeben worden sei. Dann aber verlange Art. 6 Abs. 3 GG eine nachhaltige Kindeswohlgefährdung, wobei die Folgenabwägung auch die Trennung des Kindes von den Eltern erfassen müsse. Es fehle eine ausreichende Begründung, warum das Familiengericht den voraussichtlichen Aufenthaltswechsel zum Vater als eine zur Beseitigung der Kindeswohlgefährdung geeignete Maßnahme ansehe, gleichzeitig aber die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater gemäß § 1680 Abs. 2 und Abs. 3 BGB abgelehnt habe. Verfassungsrechtlich nicht unbedenklich sei zudem der Verweis des OLG auf seine "ständige Rechtsprechung", vollzogene amtsgerichtliche Eilentscheidungen zur elterlichen Sorge im Beschwerdeverfahren lediglich dann abzuändern, wenn die Beschwerde Umstände glaubhaft mache, aus denen sich für den verbleibenden Zeitraum bis zur abschließenden Klärung im Hauptsacheverfahren eine Kindeswohlgefährdung ableiten ließen. Eine solche schematische Selbstbegrenzung des Prüfungsmaßstabes des Beschwerdegerichts sei mit der Gefahr verbunden, unter Verstoß gegen die Vorgaben des Verfassungsrechts bei Eingriffen in das Elternrecht die Umstände des Einzelfalls nicht hinreichend zu berücksichtigen.

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