Das Urteil des BGH setzt die bisherige Rechtsprechung zur Rangordnung des Güterstandes bei Eheverträgen konsequent fort. Diese war durch die Grundsatzentscheidung BGH FamRZ 2004, 601 begründet worden. Seither unterstellen der BGH und ihm folgend die Obergerichte den Zugewinn (nur) dem Randbereich. Diese Rechtsprechung ist vor allen Dingen unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten angegriffen worden. Neben den im Urteil erwähnten Fundstellen ist insbesondere auf den Beitrag von Dauner-Lieb in FF 2011, 382 und den dortigen Beispielfall zu verweisen. Drei Überlegungen sind für den BGH wohl maßgeblich, um nicht von seiner Linie abzuweichen.

Die Regeln des Zugewinns sind "holzschnittartig" aufgebaut. Pauschal und vereinfacht wird ungeachtet der Herkunft des Vermögens und der Rollenwahl der Partner ein Vermögensmehrwert eines der Partner ausgeglichen. Ansonsten gibt es beim Zugewinnausgleich keines der bekannten Begründungsmodelle für den Anspruch auf Teilhabe am Vermögen des anderen Ehegatten.[1] Die Verfassung gebietet eben keine ökonomische Gleichbewertung aller Beiträge, welche von den Ehegatten während bestehender Ehe im Unterhaltsverband erbracht worden sind.
Das Gesetz selber offeriert den Eheleuten verschiedene Güterstände z.B. in Form der Gütertrennung oder Gütergemeinschaft. Zu beachten ist auch die – bislang noch nicht endgültig ratifizierte – Regelung des deutsch-französischen Wahlgüterstandes.[2] Keineswegs geht der Gesetzgeber also uneingeschränkt vom Halbteilungsgrundsatz aus.
Der potentielle Ausgleichspflichtige hat insbesondere bei der Unternehmer-Ehe ein Interesse daran, sich vor einem möglicherweise existenzbedrohenden Vermögenszugriff des anderen Partners im Scheidungsurteil zu schützen. Durch die vielfach nicht vorhandene Liquidität beim Ausgleichsanspruch kann er ansonsten in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Dies gefährdet oftmals nicht nur die Lebensgrundlage für ihn selber, sondern auch für die gesamte Familie (einschließlich der Kinder).

Als Zwischenergebnis folgt, dass im Regelfall die Vereinbarung einer Gütertrennung, sei es alleine oder im Zusammenhang mit anderen Ansprüchen (Unterhalt, Versorgungsausgleich), nicht beanstandet werden kann, selbst wenn Regelungen der übrigen Vermögensbereiche unwirksam sein sollten. Ausnahmen hiervon dürften nur noch in folgenden Fällen zu machen sein:

In der notariellen Urkunde ist die Aufnahme einer salvatorischen Klausel bewusst oder unbewusst unterlassen worden (solche Fälle gibt es tatsächlich in der Praxis!).
Sofern die Gesamtumstände für eine sittenwidrige Vorgehensweise des vertraglich überlegenen Partners sprechen, hilft selbst eine salvatorische Klausel nicht. Ansonsten hätte es der begünstigte Ehegatte in der Hand, durch eine größtmögliche Vereinbarung von benachteiligenden Klauseln seine Rechtsposition aufs Äußerste "auszureizen", sofern er hoffen könnte, dass zumindest Teilbereiche noch als rechtswirksam erachtet werden.[3] Wer den anderen Partner aber sittenwidrig zu benachteiligen versucht, verdient keinen Vertrauensschutz in die Bestandskraft der Urkunde.[4] In diesen Fällen wird durch die Sittenwidrigkeit der Vereinbarung zum Unterhalt und Versorgungsausgleich die gesamte Urkunde "infiziert". Insoweit gilt also bei der Vereinbarung von Eheverträgen: "Weniger ist mehr".[5]

Vorliegend sprach für eine derartige Disparität eigentlich nichts. Die Eheleute waren auf demselben Bildungsstand; die Arbeitslosigkeit der Ehefrau war gegeben, wobei sie auf eine neue Berufstätigkeit hoffen konnte; ein konkreter Kinderwunsch bestand nicht, insbesondere lagen keine Schwangerschaft und auch keine benachteiligte soziale Stellung vor.

Aus Gründen der anwaltlichen Vorsicht ist aber selbst in solchen Fällen Folgendes zu beachten: Bei Vertragsabschlüssen sollte darauf Wert gelegt werden, dass nicht nur eine einfache salvatorische Klausel vorgesehen wird. Ihr wird man u.U. die Wirksamkeit verweigern.[6] Den sichersten Weg wählt der Berater, sofern er eine qualifizierte Klausel verwendet, die sich detailliert mit dem Verhältnis Güterstand/sonstige vermögensrechtliche Folgen auseinandersetzt.[7]

Ansonsten kann nur in Ausnahmefällen im Rahmen der Ausübungskontrolle geholfen werden. Dies dürfte sich aber auf extrem gelagerte Fälle beziehen. Sofern Ehegatten sich bei einem "fairen" Aushandeln des Vertrages für die Gütertrennung entschieden haben, musste ihnen von vornherein das Risiko bewusst sein, dass einer der Partner in Zukunft einen höheren Vermögenswert erzielen würde als der andere. Auch die Privatautonomie ist ein schützenswertes Gut. Theoretisch denkbar liegt eine solche Ausnahme in dem Sonderfall vor, bei dem die Eheleute einen festen Lebensplan mit einer entsprechenden Vorstellung über die Vermögensbildung haben, der dann aber aufgrund unvorhersehbarer Umstände scheitert. Vielfach ist eine solche Vorausschau nicht gegeben, jedenfalls eine derartige Planung nicht nachweisbar. Vorstellbar ist auch, dem haushaltsführenden Ehegatten einen ...

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