Die Rückzahlung überzahlten Unterhalts richtet sich in erster Linie nach den Ansprüchen aus ungerechtfertigter Bereicherung gem. § 812 BGB. Vor einer Abänderung stellt der Titel – mit Ausnahme einer einstweiligen Anordnung – den Rechtsgrund i.S.d. § 812 Abs. 1 BGB für den gezahlten Unterhalt dar.[1] Wenn der Titel rückwirkend nach § 238 FamFG (bzw. nach § 323 ZPO a.F.) abgeändert wird, entfällt nachträglich die Rechtsgrundlage für den bisher geleisteten Unterhalt, § 812 Abs. 1 S. 2 BGB. Nach § 812 Abs. 1 BGB kann der Unterhaltsschuldner bei ungerechtfertigter Bereicherung dann Herausgabe des Erlangten bzw. nach § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz verlangen. Der Empfänger der Unterhaltsleistung wendet in der Regel gem. § 818 Abs. 3 BGB ein, er sei nicht mehr bereichert. Bei der Zuvielzahlung von Unterhalt kommt es darauf an, ob der Empfänger die Beträge restlos für seinen Lebensbedarf verbraucht oder sich noch in seinem Vermögen vorhandene Werte – auch in Form anderweitiger Ersparnisse, Anschaffungen oder Tilgung eigener Schulden – verschafft hat.[2] Die rechtsvernichtende Einwendung des Wegfalls der Bereicherung ist meist erfolgreich, denn die Rechtsprechung hat für den Unterhaltsgläubiger zum Nachweis der Entreicherung Beweiserleichterungen geschaffen. Nach der Lebenserfahrung spricht nämlich bei unteren und mittleren Einkommen eine tatsächliche Vermutung dafür, dass das Erhaltene für eine Verbesserung des Lebensstandards ausgegeben wurde, so dass ein besonderer Verwendungsnachweis entbehrlich ist.[3]

Auf den Einwand nach § 818 Abs. 3 BGB kann sich der Unterhaltsberechtigte aber nicht berufen, wenn eine verschärfte Haftung nach §§ 818 Abs. 4, 819 Abs. 1 BGB eingreift. Nach § 818 Abs. 4 BGB kann sich der Empfänger einer rechtsgrundlosen Leistung vom Eintritt der Rechtshängigkeit an nicht mehr auf den Wegfall der Bereicherung stützen.[4] Bisher war für die Rechtshängigkeit i.S.d. § 818 Abs. 4 BGB allein die Rechtshängigkeit einer negativen Feststellungsklage oder einer Abänderungsklage nicht ausreichend. Zur Herbeiführung der verschärften Haftung des § 818 Abs. 4 BGB allein musste zusätzlich zum Abänderungsantrag ein auf Rückzahlung gerichteter gesonderter Leistungsantrag erhoben werden.[5] Für die Annahme der Bösgläubigkeit nach § 819 Abs. 1 BGB hinsichtlich des überzahlten Unterhalts reichte die Erhebung einer Abänderungsklage i.d.R. nicht aus,[6] sondern erst die Entscheidung des Gerichts im Abänderungsverfahren. Denn die positive Kenntnis der Rechtsgrundlosigkeit muss sich im Bereicherungsrecht nicht nur auf die Tatsachen, auf denen das Fehlen des Rechtsgrundes beruht, beziehen, sondern auch auf die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen, d.h. auf eine rechtlich richtige Würdigung.[7] Eine verschärfte Haftung gem. § 820 BGB scheidet aus, weil die Vorschrift auf Überzahlungen von Unterhalt weder direkt noch analog anwendbar ist.[8]

Weil das Rechtsschutzziel des auf Herabsetzung antragenden Unterhaltsschuldners im Fall bereits bezahlter Beträge regelmäßig dahin geht, diese auch erstattet zu bekommen, ist nun in § 241 FamFG der Eintritt der verschärften Haftung gem. § 818 Abs. 4 BGB mit Rechtshängigkeit des auf Herabsetzung gerichteten Abänderungsantrags angeordnet worden. Die Vorschrift gilt nur für die ab dem 1.9.2009 eingeleiteten Abänderungsverfahren. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll ein Leistungsantrag überflüssig werden.[9] Ein solcher wird sich aber auch nach neuem Recht nicht vermeiden lassen, wenn der zu viel geleistete Unterhalt nicht freiwillig zurückgezahlt wird, eine Aufrechnung nicht möglich ist, weil kein weiterer Unterhalt mehr geschuldet ist und/oder es um die Rückzahlung von Unterhalt für Zeiträume geht, die vor der Rechtshängigkeit des Abänderungsantrags liegen.

Achtung: Da auch ein begründeter Rückzahlungsanspruch des Unterhaltspflichtigen an einer faktischen Mittellosigkeit des Gegners scheitern kann, sollte der Unterhaltspflichtige versuchen, eine Einstellung der Zwangsvollstreckung gem. § 242 FamFG i.V.m. § 769 ZPO zu erreichen.[10]

Die verschärfte Haftung ab Rechtshängigkeit des Herabsetzungsverlangens des Verpflichteten bedeutet für den Unterhaltsgläubiger, dass von diesem Zeitpunkt an hinsichtlich der überzahlten Unterhaltsleistungen für den Unterhaltsgläubiger das Aufrechnungsverbot des § 394 BGB nicht mehr eingreift. Darüber darf der Unterhaltsberechtigte in den Fällen, in denen der Unterhaltspflichtige trotz Einleitung eines Abänderungsverfahrens den Unterhalt in der bisherigen Höhe weiterzahlt, diesen in Höhe des angegriffenen Betrages nicht mehr für seinen Unterhalt verwenden, sondern muss ihn für ein mögliches Rückzahlungsverlangen des Schuldners bereithalten.

Neben Bereicherungsansprüchen können Schadensersatzansprüche aus dem Vollstreckungsrecht, aus unerlaubter Handlung wegen Prozessbetrugs und vorsätzlicher sittenwidriger Ausnutzung eines unrichtig gewordenen Vollstreckungstitels bestehen. Bei diesen Ansprüchen spielt der Einwand der Entreicherung wegen der Einordnung des Rückf...

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