Das Eckpunktepapier zur Reform des Kindschaftsrechts enthält Vorschläge zur Reform des Sorge- und Umgangsrechts sowie des Adoptionsrechts. In nichtehelichen Lebensgemeinschaften, Trennungs-, Patchwork- und Regenbogenfamilien soll es einfacher werden, Kinder partnerschaftlich zu betreuen. Eltern sollen einfacher Vereinbarungen über Sorge und Umgang schließen können und Dritten sorgerechtliche Befugnisse oder Umgangsrechte einräumen können. Kinder sollen in ihrer Rechtsposition gestärkt werden. Der Schutz vor häuslicher Gewalt in Sorge- und Umgangsverfahren soll verbesset werden. Außerdem soll das Adoptionsrecht liberalisiert werden.

Konkret vorgeschlagen werden insbesondere folgende Neuerungen:

Wechselmodell: Das Wechselmodell, das viele Eltern nach einer Trennung schon jetzt leben, soll erstmalig gesetzlich geregelt werden: Es soll klargestellt werden, dass das Familiengericht in einem Umgangsverfahren (nach Trennung) eine Betreuung durch beide Elternteile, ggf. auch eine paritätische Betreuung anordnen kann – wenn dies dem Kindeswohl am besten entspricht.
Sorgerecht in nichtehelichen Lebensgemeinschaften: Ein Vater, der mit der Mutter zusammenwohnt, aber nicht verheiratet ist, soll künftig einfacher das Sorgerecht erlangen können. Wenn die Mutter nicht widerspricht, soll eine einseitige, beurkundete Erklärung ausreichen.
Vereinbarungen zwischen Eltern über das Sorgerecht: Eltern sollen mehr Autonomie in Bezug auf ihr Sorgerecht erhalten: Sie sollen die Alleinsorge eines Elternteils vereinbaren können; auch eine Übertragung der elterlichen Sorge von einem Elternteil auf den anderen soll leichter möglich sein.
"Kleines Sorgerecht": Die Sorgeberechtigten (im Regelfall also die Eltern) sollen künftig durch Vereinbarung bis zu zwei weiteren Personen – zum Beispiel ihren jeweils neuen Partnern – sorgerechtliche Befugnisse einräumen können.
Vereinbarungen über das Umgangsrecht mit Dritten: Mit Dritten sollen die sorgeberechtigten Eltern künftig auch Vereinbarungen über den Umgang mit dem Kind schließen können.
Recht von Kindern auf Umgang: Kinder sollen ein Recht auf Umgang mit Großeltern und Geschwistern, mit anderen Bezugspersonen sowie mit leiblichen, nicht rechtlichen Elternteilen erhalten.
Mitentscheidungsbefugnis von Kindern: Kinder sollen ab dem Alter von 14 Jahren im Sorge- und Umgangsrecht künftig ausdrückliche Mitentscheidungsbefugnisse haben. So sollen sie z.B. eine erneute Entscheidung über eine bereits getroffene Umgangsregelung beantragen können.
Schutz vor häuslicher Gewalt: Der Schutz vor häuslicher Gewalt im Sorge- und Umgangsrecht soll durch folgende Anpassungen des Gesetzes verbessert werden:
Ermittlungspflicht: Es soll klargestellt werden, dass das Familiengericht in Umgangsverfahren Anhaltspunkten für häusliche Gewalt gegenüber dem Kind und/oder dem anderen Elternteil und deren Folgen umfassend und systematisch nachgehen und eine Risikoanalyse vornehmen muss.
Sorge- und Umgangsrecht: Bei Partnerschaftsgewalt soll ein gemeinsames Sorgerecht regelmäßig ausscheiden. Es soll klargestellt werden, dass das Familiengericht den Umgang beschränken oder ausschließen kann, wenn dies erforderlich ist, um eine konkrete Gefährdung des betreuenden Elternteils durch einen gewalttägigen Ex-Partner abzuwenden.
Liberalisierung des Adoptionsrechts: Auch Paare, die nicht verheiratet sind, sollen gemeinsam ein Kind adoptieren können; bisher ist dies nur verheirateten Paaren möglich. Verheiratete Personen sollen künftig auch allein ein Kind adoptieren können.

Auf Grundlage der beiden Eckpunktepapiere wird das Bundesministerium der Justiz nunmehr Gesetzentwürfe für die Reform des Kindschaftsrechts und die Reform des Abstammungsrechts erarbeiten. Die Gesetzentwürfe sollen noch im ersten Halbjahr 2024 vorgelegt werden.

Quelle: https://www.bmj.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/0116_Reform_Abstammung_Kindschaft.html

FF 2/2024, S. 46 - 48

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