Ob es sich im entschiedenen Fall um eine ausdehnende Auslegung oder eine ausdehnende Analogie handelte, steht dahin. Die Begründung der Entscheidung und ihr Ergebnis überzeugen jedenfalls (Anwendung von § 1374 Abs. 2 BGB).

Vermögenszuwendungen und Arbeitsleistungen unterscheiden sich ausschließlich in ihrer Sachnatur, in der Art der Wertschöpfung, nicht jedoch im identischen Ergebnis, der Wertschöpfung selbst. Ferner bedeutet der genannte Unterschied in der Sachnatur nicht, dass in beiden Fällen dieselbe Absicht, dasselbe Motiv zugrunde liegen kann.

Die vom Bundesgerichtshof dargelegten Gründe (oben a – f) lassen sich unmittelbar auf Arbeitsleistungen übertragen (dieses Problem, entstanden mit der BGH-Entscheidung vom 3.2.2010,[53] war am 20.9.1995[54] noch nicht virulent):

Zu a): Die Arbeitsleitung ist in gleicher – "äquivalenter" – Weise dadurch gekennzeichnet, dass sie auf persönlichen Beziehungen des erwerbenden Ehegatten zu dem zuwendenden Dritten beruhen und dass deshalb ein daraus herrührender Vermögenserwerb vom Gesetz nicht als ein Erwerb bewertet wird, an dem der andere teilhaben soll. Es gibt da zur Schenkung überhaupt keinen Unterschied.
Zu b): Auch diese Überlegungen treffen auf Arbeitsleistungen zu und sind 1:1 übertragbar.
Zu c): aus a) und b) folgt, dass auch die Schlussfolgerung zu c) für Arbeitsleistungen gilt.
Zu d): wie c).
Zu e): die Arbeitsleistung kommt in ihrer Wirkung einer Schenkung gleich, die Eltern/Schwiegereltern mit Rücksicht auf die enge persönliche Beziehung vornehmen, um ihnen die Wertschöpfung zukommen zu lassen.
Zu f): Es wäre keinem der Beteiligten verständlich, dass die vom Kooperierenden beabsichtigte Wertschöpfung zugunsten des Kindes, die er erreichen wollte, diese im Ergebnis schlechter stellte, als wenn die Wertschöpfung durch eine Schenkung erfolgt wäre.

Wenn der Bundesgerichtshof es für rechtsmethodisch zulässig hält, eindeutige Nicht-Erbschaften unter den genannten Voraussetzungen im Wege der ausdehnenden Auslegung wie Erbschaften zu behandeln, ohne die Vorschrift analog anzuwenden, dann muss es ebenso zulässig sein, eindeutige Nicht-Schenkungen im Wege der ausdehnenden Auslegung wie Schenkungen zu behandeln, solange die gleichen Voraussetzungen vorliegen. Dies ist, wie eben dargelegt, bei den Arbeitsleistungen der Fall.

[53] BGHZ 184, 190 = FamRZ 2010, 958.
[54] BGH, Urt. v. 20.9.1995 – XII ZR 16/94, BGHZ 130, 377 = FamRZ 1995, 1562; zustimmend etwa Hoppenz, Familiensachen, 9. und letzte Aufl., §§ 1374-1376 BGB Rn 32.

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