Eva Becker

bringt Familienrecht eigentlich nur dann hervor, wenn sich Dramen abspielen!

Ein entführtes Kind oder aus dem Aufenthalt in einer Besenkammer resultierende Abstammungsfragen verkaufen sich besser als alltägliche Ungerechtigkeiten im Unterhalts- oder Sorgerecht.

Auf Schlagzeilen sollte es dem Gesetzgeber jedoch nicht ankommen. Es waren zuletzt auch nicht die besten, als zur "besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht" § 1598a BGB und zur "Bekämpfung von Kinderehen" die ausnahmslose Anhebung des Eheschließungsalters auf das 18. Lebensjahr beschlossen wurde.

Wichtiger als Schlagzeilen und das Ausloten von Verfassungsrecht zu familienrechtsfremden Zwecken ist das Schaffen einer Rechtsordnung, die der Lebenswelt der Betroffenen entspricht und als gerecht empfunden wird.

Da gäbe es viel zu tun, was des Berichtens in großen Lettern wert wäre:

Seit Jahren ist sich die Fachwelt einig, dass das deutsche Familienrecht an maßgeblichen Stellen der Reform bedarf. Immerhin haben einige Themen ihren Weg in den Koalitionsvertrag gefunden. Von dort sind sie in Arbeitskreise gewandert: Zum Abstammungsrecht, Kindesunterhalt nach Trennung und Scheidung, Sorge- und Umgangsrecht und Namensrecht haben diese ihre Arbeit beendet, zum Vormundschaftsrecht liegt mittlerweile schon der 2. Diskussionsteilentwurf vor.

Zu glauben, damit könne es erstmal sein Bewenden haben, wäre ein Irrglaube, denn die Zeit drängt: Das Maß, in dem die Rechtsprechung – mangels Reformen notgedrungen – das Recht an die geänderten Lebensverhältnisse anzupassen hat, ist inakzeptabel.

Deshalb ist beruhigend zu lesen:

"Ich arbeite daran, dass wir im Frühjahr kommenden Jahres einen Gesetzentwurf vorlegen werden", kündigte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) im Gespräch mit der Schweriner Volkszeitung (18.11.2019) an und Familienministerin Franziska Giffey (SPD) ergänzte dort: "Das Sorge- und Umgangsrecht und das Unterhaltsrecht bilden den gesellschaftlichen Wandel der letzten Jahrzehnte noch nicht ab. Das wollen wir ändern."

Daran wollen wir die Ministerinnen gerne festhalten und zugleich daran erinnern, dass es bei den anstehenden Reformen im Familienrecht nicht darum geht, den Teil der Reformen umzusetzen, der dem bald zur Wahl einer neuen Regierung berufenen Bürger am leichtesten vermittelbar ist.

Es geht auch beileibe nicht nur darum, engagierte Väter beim Unterhalt zu entlasten, wie man meinen könnte, wenn man die Pressemeldungen verfolgt.

Nein, es geht um viel mehr:

Es geht darum, von wem wir abstammen und um die Zuweisung der daraus folgenden Verantwortung, weshalb die Reform des Abstammungsrechts unter keinen Umständen auf der Strecke bleiben darf, bloß weil man sich nicht wagt, sie den Bürgern zuzumuten.

Das ist keine leichte, aber eine zu bewältigende Aufgabe für den Gesetzgeber. Nur Mut!

Auf die Schlagzeilen, die dieses gesetzgeberische Handeln zweifellos nach sich ziehen wird, freuen wir uns mit den Betroffenen, unseren Mandanten.

Autor: Eva Becker

Eva Becker, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht, Berlin

FF 2/2020, S. 45

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