1. Streitschlichtung im Allgemeinen

Wenn ein Streit zu beenden ist, denkt man zunächst an die Anrufung eines staatlichen Gerichtes. Bevor dies jedoch geschieht, sehen viele Gesetze oder Verträge es vor, dass zunächst ein auf Problembeseitigung gerichtetes Verfahren notwendig oder fakultativ durchgeführt wird, bevor dann das staatliche Gericht angerufen wird. Aktuell aus Anlass der Tarifauseinandersetzung bei der Bahn wurde die Streitschlichtung – wenn auch derzeit erfolglos – durch Schlichter versucht. Dass die außergerichtliche Streitschlichtung durch Schiedsgerichte ein recht umfassendes Thema ist, wird auch dadurch belegt, dass unter dem Stichwort "Schiedsgericht" in der Juris-Datenbank fast 5.000 Treffer verzeichnet werden, bei Google sogar 37.600.

1. 1 Gütestellen

Im Strafrecht wird der Zugang zum Verfahren bei bestimmten Delikten davon abhängig gemacht, dass zunächst eine Streitschlichtung erfolgen muss. Besonders die in allen Gemeindeordnungen der Länder verankerten Stellen, die unterschiedliche Namen tragen und mit Persönlichkeiten besetzt sind, die mit den örtlichen Problemen vertraut sind, leisten bei der Beilegung von Streitigkeiten zwischen Nachbarn wertvolle Dienste. Nicht vergessen werden dürfen die zahlreichen Schiedsstellen der gewerblichen Wirtschaft, die zwischen Kunde und Händler vermitteln und im Stillen großartige Arbeit leisten. Auch das BGB enthält in den §§ 315 ff. BGB die Möglichkeit, dass ein Dritter eine Leistung bestimmen darf, dies jedoch nach den Grundsätzen der Billigkeit, und grundsätzlich ist die Leistungsbestimmung nur verbindlich, wenn sie von den Beteiligten anerkannt wird (§ 319 BGB).

1.2 Mediation

Neben diesen Stellen, die eine Streitschlichtung im tradierten Sinn versuchen, ist in den letzten Jahren noch die Mediation getreten, die im (digitalen) Brockhaus (2006) wie folgt definiert wird als Verfahren zur Regelung von Konflikten in Familie, Partnerschaft, Schule, Politik und Umwelt sowie in Wirtschaftsunternehmen beziehungsweise Organisationen. Der eingesetzte neutrale Mediator (Schlichter) ist verantwortlich für die Vorgehensweise der Mediation und für die Vermittlung zwischen den streitenden Parteien bei Berücksichtigung der unterschiedlichen Interessenlage, hat jedoch selbst keine (Konflikt-)Entscheidungskompetenz. Bei rechtlichen Streitigkeiten gilt die Mediation zunehmend als Alternative zum Rechtsstreit und wird in diesem Bereich (oft in Familiensachen, aber auch im Arbeitsrecht, im Wirtschaftsrecht bis hin zum Strafrecht beim sog. Täter-Opfer-Ausgleich) meist von Rechtsanwälten, aber auch Richtern ausgeübt, da Mediation ohne Rechtskenntnisse und Rechtsberatung wertlos erscheint. Im Völkerrecht versteht man hierunter die Frieden stiftende, versöhnende Vermittlung eines Staates zwischen anderen Staaten.

Wird die Mediation durch staatliche Behörden als Schlichtungsstelle anerkannt, unterbricht die Anrufung des Mediators durch beide oder auch nur eine Partei die Verjährungsfrist (§ 204 Nr. 4 BGB). Im Rahmen des Familienrechts ist der frühere Senatsvorsitzende am OLG Frankfurt/Main, Peter Eschweiler, von den Justizbehörden als Gütestelle anerkannt worden ( www.guetestelle-ffm.de ). Das hat den Vorteil, dass eine vor dieser Gütestelle protokollierte Einigung vollstreckbar ist (vgl. Mitteilung der Rechtsanwaltskammer Frankfurt/Main unter www.rechtsanwaltskammer-ffm.de ).

Allen Bemühungen gemeinsam ist, dass der Mediator, Schlichter oder wie auch immer die Person oder Institution genannt wird, keine Berechtigung zur Entscheidung hat. Entweder hilft er den Beteiligten, selbst zu einer Lösung zu kommen, oder aber nach erfolglosem Schlichtungsversuch ist der Weg zu den staatlichen Gerichten – manchmal erst dann – eröffnet.

Hiervon zu unterscheiden ist das Parteischiedsgericht, das grundsätzlich anstelle staatlicher Gerichte zur Entscheidung berufen ist.

2. Staatliche Gerichte – Grundzüge

Bewegen sich alle Einrichtungen der Streitschlichtung auf der Ebene der Freiwilligkeit – das PartG ist eine relative Ausnahme –, kommt im Falle der Nichteinigung grundsätzlich nur die Anrufung der staatlichen Gerichte in Betracht. Bei der nachfolgenden Betrachtung werden nur Streitigkeiten betrachtet, bei denen sich die Parteien zumindest rechtlich auf gleicher Ebene befinden, also kein Über- oder Unterordnungsverhältnis besteht. Dies schließt daher alle Verfahren aus, die vor den Verwaltungs-, Sozial- oder Finanzgerichten zu führen sind.

Wer etwas begehrt oder sich gegen ein Begehren oder eine Beeinträchtigung seiner Rechte durch eine andere Privatperson zur Wehr setzen möchte, erhebt Klage und sein Gegenüber muss sich auf dieses Verfahren einlassen und sich verteidigen. Tut er dies nicht, wird er immer dann die Auseinandersetzung als Verlierer beenden, wenn und soweit der klägerische Vortrag schlüssig ist. Die Regeln für das Verfahren sind in detaillierten Verfahrensordnungen festgelegt, und den Parteien bleibt insoweit kaum eine Möglichkeit, auf diese gestaltend Einfluss zu nehmen. Beispielsweise sei die Gerichtsstandsvereinbarung genannt, die aber auch nur dann zulässig ist, wenn kein ausschl...

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