Eine generelle Nichtanrechnung scheidet hier aus,[132] und zwar schon deshalb, weil zu beobachten ist, dass häufig – insbesondere bei Selbstständigkeit – auch jenseits der Altersgrenze noch gearbeitet wird. Als Grundregel kann hier festgehalten werden, dass eine Arbeit im Ruhestand auch für einen Selbstständigen oder Freiberufler im Regelfall überobligatorisch[133] und das nur dann anders zu sehen ist, wenn keine ausreichende Altersvorsorge betrieben wurde.[134]

Nur scheinbar ist ein Ausnahmefall dann gegeben, wenn Zusatzarbeiten bei bestimmten Berufsgruppen typischer Bestandteil ihrer Tätigkeit sind (Prüfer- oder Gutachtertätigkeit) oder sich der Beruf aus mehreren Tätigkeiten zusammensetzt (Abgeordneter und Rechtsanwalt; Arzt und Gutachter) und insoweit eine einheitliche Tätigkeit vorliegt, so dass sich der Betreffende nicht auf eine Unzumutbarkeit der Zusatztätigkeit berufen kann (s.o. unter cc)).[135]

Das ändert nichts daran, dass auch hier eine überobligatorische Tätigkeit vorliegt, wenn jenseits der Altersgrenze gearbeitet wird. Dabei spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob diese Tätigkeit jenseits der Altersgrenze üblich ist;[136] entscheidend ist, dass auch ein Selbstständiger seine Tätigkeit nach Erreichen der Altersgrenze jederzeit beenden kann.[137]

Eine andere Frage ist dagegen, wie das tatsächlich erzielte Einkommen unterhaltsrechtlich zu behandeln ist. In einer Einzelfallprüfung wird untersucht,

warum vom Pflichtigen trotz Altersrente weiter gearbeitet wird (z.B. Freude an der Tätigkeit; Überschuldung; fehlende ausreichende Altersversorgung; Umfang der Belastung bei Fortführung der Tätigkeit, Gesundheitszustand),[138]
spiegelbildlich, inwieweit der Bedürftige auf eine Fortzahlung des bisherigen Unterhalts angewiesen ist. Hier spielt eine Rolle, ob auch beim Bedürftigen schon der Rentenfall eingetreten ist und er über den Versorgungsausgleich eine zusätzliche Altersversorgung erhalten hat.[139]
[132] BGH NJW 2013, 461 = FamRZ 2013, 191 m. Anm. Born.
[133] BGH NJW 2013, 461 Rn 15 = FamRZ 2013, 191 m. Anm. Born; BGHZ 188, 50 = NJW 2011, 670 m. Anm. Born = FamRZ 2011, 454 m. Anm. Finke.
[134] BGHZ 188,50 = NJW 2011, 670 Rn 22 f., m. Anm. Born = FamRZ 2011, 454.
[135] Gerhardt in Wendl/Dose, UnterhaltsR, § 1 Rn 831.
[136] BGH NJW 2011, 670 = FamRZ 2011, 454.
[137] Gerhardt in Wendl/Dose, UnterhaltsR, § 1 Rn 833. Zum Renteneintritt als Abänderungsgrund Born, NJW 2011, 3611.
[138] BGH NJW 2013, 461 = FamRZ 2013, 191 m. Anm. Born; NJW 2011, 670 m. Anm. Born = FamRZ 2011, 454 m. Anm. Finke.
[139] BGH NJW 2011, 670 m. Anm. Born = FamRZ 2011, 454 m. Anm. Finke.

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