Der Bonus hat seine Berechtigung verloren; denn aufgrund der Einbeziehung überobligatorischer Einkünfte in die Differenzberechnung wirken sich diese Einkünfte zugleich bedarfserhöhend aus.[95]

Sachgerecht erscheint eine Berücksichtigung von Anzahl und Alter der betreuten Kinder. Allerdings ist der Stellenwert dieses Gesichtspunktes aufgrund der Unterhaltsrechtsreform zum 1.1.2008 und der grundsätzlichen Arbeitspflicht des betreuenden Elternteils nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes gesunken. Der Bonus ist vor diesem Hintergrund zu Recht weitgehend aus den unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte[96] verschwunden. Sinnvoller erscheint eine einkommensabhängige Quote des Einkommens, die anrechnungsfrei belassen wird. Das entspricht der Verfahrensweise zahlreicher Oberlandesgerichte bei der Behandlung berufsbedingter Aufwendungen; hier werden vielfach keine konkreten Darlegungen gefordert, sondern unter Ziff. 10.2.1 wird eine Pauschale von 5 % des Nettoeinkommens berücksichtigt.[97]

Jedenfalls als Ausgangswert erscheint eine Anrechnungsfreiheit in Höhe von 1/3 sachgerecht.[98]

Naturgemäß ist eine feste Quote besonders praktikabel. Sie würde dem "Massenphänomen Unterhalt"[99] Rechnung tragen, was auch der BGH inzwischen im Bereich des Ehegattenunterhalts bei hohen Einkünften ausdrücklich anerkannt hat[100] und in Gestalt der Tabellenbeträge beim Kindesunterhalt seit Jahrzehnten gängige Praxis ist.

Dem – vom BGH betonten – Erfordernis einer Billigkeitsprüfung unter Einbeziehung aller Umstände des Einzelfalles kann die Praxis dadurch Rechnung tragen, dass sowohl der schriftsätzliche Vortrag der Beteiligten als auch das gerichtliche Schätzungsermessens nach § 287 ZPO Abweichungen von der Quote und eine differenzierte Anpassung ermöglichen. Andererseits: Wer im Verfahren nicht vorträgt, darf sich über eine Pauschalierung nicht beschweren.

[95] NK-BGB/Schürmann, § 1577 Rn 65; HdB FamR/Kintzel, 6. Kap. Rn 818; OLG Stuttgart BeckRS 2012, 16865 = FamRZ 2013, 45 (LS); OLG Celle NJOZ 2009, 4494 = FamRZ 2010, 300 (LS).
[96] Sonderbeilage zu NJW Heft 6/2023.
[97] So die Oberlandesgerichte Bamberg, Brandenburg, KG Berlin, Braunschweig, Dresden, Frankfurt a.M., Hamburg, Jena, Koblenz, Naumburg, Oldenburg, wobei teilweise mit Unter- und Obergrenzen gearbeitet wird. S. auch A 3 der Düsseldorfer Tabelle.
[98] Gerhardt in Wendl/Dose, UnterhaltsR, § 1 Rn 822 (20 – 30 %); JHA/Hammermann, BGB, § 1577 Rn 63 (1/2). Den seinerzeit auch von mir (Born, FamRZ 1997, 129 (135)) vertretenen hälftigen Ansatz halte ich nicht mehr aufrecht aufgrund der geänderten BGH-Rechtsprechung zur prägenden Wirkung überobligatorischer Einkünfte.
[99] So schon Maurer, NJW 2011, 1586; Born, FPR 2012, 220 (223).
[100] BGHZ 217, 24 = NJW 2018, 468 Rn 21, m. Anm. Born = FamRZ 2018, 260 m. Anm. Seiler = FF 2018, 107 m. Anm. Graba.

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