Hinsichtlich der bereits im vergangenen Jahr thematisierten Frage[49] einer stärkeren Angleichung der unterhaltsrechtlichen Leitlinien der einzelnen Oberlandesgerichte[50] haben sich erfreuliche Entwicklungen ergeben:

Die Vertreter der Oberlandesgerichte stimmen darin überein, dass die unterhaltsrechtlichen Leitlinien nicht nur in ihrer Struktur und ihrem Aufbau,[51] sondern auch in ihrem Inhalt stärker aneinander angeglichen werden sollen. Es soll darauf geachtet werden, dass das, was in den Leitlinien einheitlich gemeint ist, auch einheitlich – möglichst gleichlautend – formuliert wird. Weiter soll versucht werden, in einzelnen Punkten eine stärkere Angleichung, auch im Wortlaut, herbeizuführen. Allerdings besteht die feste Überzeugung, dass eine bundeseinheitliche Leitlinie nicht erstrebenswert ist. Denn dadurch würde die Gefahr verstärkt, dass die Leitlinien als eine Art von "Ersatznormierung" angesehen werden,[52] was unbedingt zu verhindern ist. Angestrebt werden soll, dass sich die bisherige "Leitlinienlandschaft" schrittweise verdichtet zu Gruppen von einheitlichen oder weitgehend einheitlichen Leitlinien ähnlich dem "Muster" der Süddeutschen Leitlinien.[53]

Eine derartige Entwicklung hin zu einer stärkeren Vereinheitlichung der Leitlinien zeichnet sich aktuell in Niedersachsen ab: Nachdem ein erster Versuch 2018 noch scheiterte,[54] haben die drei niedersächsischen Oberlandesgerichte Braunschweig, Celle und Oldenburg kürzlich einen neuen Anlauf genommen, die Pläne aktiv zu fördern. Perspektivisch ist denkbar, dass künftige, vereinheitlichte niedersächsische Leitlinien auf umliegende, benachbarte Oberlandesgerichtsbezirke ausstrahlen und auf diese Weise zur Grundlage eventueller "Norddeutscher" oder "Nordwest-" bzw. "Nordostdeutscher Leitlinien" werden könnten.

[49] Vgl. Menne, FF 2023, 12 (19); Menne, RpflStud 2023, 88 (96).
[50] Derzeit existieren insgesamt 18 verschiedene Leitlinien: 17 Oberlandesgerichte (Oberlandesgerichte Brandenburg, Braunschweig, Bremen, Celle, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt/M., Hamburg, Hamm, Jena, Koblenz, Köln, Naumburg, Oldenburg, Rostock und Schleswig sowie das Kammergericht Berlin) verfügen über jeweils eigene Leitlinien. Die Süddeutschen Leitlinien werden von sechs Oberlandesgerichten angewandt (Oberlandesgerichte Bamberg, Karlsruhe, München, Nürnberg, Stuttgart und Zweibrücken). Das Oberlandesgericht Saarbrücken hat keine eigenen Leitlinien.
[51] Seit 2003 folgen alle Leitlinien einer bundeseinheitlichen, am Modell der Süddeutschen Leitlinien ausgerichteten Gliederung; vgl. Menne, NJW 2021, 497 (497); Schürmann, FamRZ 2005, 490 (491); Scholz in Paulsen (Hrsg.), Festschrift 100 Jahre Oberlandesgericht Düsseldorf (2006), 265 (288).
[52] Vgl. bereits Schürmann, FamRZ 2005, 490 (492); Scholz, FamRZ 1993, 125 (127) sowie ausf. Niepmann/Kerscher, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts (15. Aufl. 2023), Rn 4.
[53] Vgl. bereits die entsprechende Forderung von Höbbel in Dutta/Guhling/Klinkhammer (Hrsg.), Festschrift Hans-Joachim Dose (2022), 271 (278 f.). Das Verlangen nach einer stärkeren Angleichung der Leitlinien hat eine "lange Tradition"; es wurde u.a. bereits 1990 von Köhler (FamRZ 1990, 922 (924)) formuliert.
[54] Vgl. Höbbel in Dutta/Guhling/Klinkhammer (Hrsg.), Festschrift Hans-Joachim Dose (2022), 271 (278).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge