Dass eine verfahrensrechtliche Anerkennung für ausländische Privatscheidungen nicht in Betracht kommt, diese vielmehr als Rechtsgeschäfte auf ihre Wirksamkeit nach dem kollisionsrechtlich zu ermittelnden Scheidungsstatut zu überprüfen sind, entspricht konventioneller Ansicht.[19] Weil das Scheidungsstatut sowohl über die Voraussetzungen und Wirkungen als auch über die Durchführung der Scheidung herrscht,[20] kann eine Scheidung bei Anwendbarkeit des deutschen Rechts – aufgrund der (auch) materiellrechtlichen Qualifikation des § 1564 BGB[21] – auch im Ausland nur durch gerichtliches Urteil erfolgen; eine im Ausland vollzogene Privatscheidung ist im Inland per se nicht anerkennungsfähig.[22] Der geradezu schulmäßigen kollisionsrechtlichen Prüfung des BGH ist nicht viel hinzufügen. Wenig überraschend hat der BGH in Ermangelung einer entsprechenden Übergangsregelung in Art. 229 § 47 EGBGB sowie unter stichhaltiger Berufung auf einen Umkehrschluss aus den Gesetzesmaterialien[23] entschieden, dass sich die Neufassung des Art. 17 Abs. 2 EGBGB auf sämtliche ab Außerkrafttreten des Art. 17 Abs. 1 EGBGN a.F. ergangene, aus der Rom III-VO ausgeklammerte Ehescheidungen erstrecke.[24] Zu begrüßen ist vor allem, dass der BGH bei der objektiven Anknüpfung nach Art. 8 lit. c Rom III-VO (ggf. i.V.m. Art. 17 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB) den nicht unbestrittenen Vorrang der deutschen Staatsangehörigkeit im Verhältnis zu einer konkurrierenden drittstaatlichen Staatsangehörigkeit gem. Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB endgültig geklärt hat,[25] obschon es hierauf im Ergebnis nicht ankam, da die konkrete Verstoßungsscheidung selbst bei unterstellter Anwendung des syrischen Heimatrechts der Eheleute wegen Verstoßes gegen den deutschen ordre public gem. Art. 6 EGBGB i.V.m. Art. 17 Abs. 2 Nr. 5 EGBGB nicht anerkennungsfähig war.[26]
Eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem – vom BGH mit keiner Silbe erwähnten – vereinzelt vorgebrachten Vorschlag, den Prüfungsmaßstab des § 109 Abs. 1 FamFG auf beurkundete bzw. registrierte Privatscheidungen de lege lata zu erstrecken,[27] war jedenfalls in der Rechtssache Sahyouni nicht geboten, da sowohl eine verfahrensrechtliche als auch eine sog. materiellrechtliche Anerkennung der konkreten Verstoßungsscheidung ausschied. Zieht man den – im Vergleich zum kollisionsrechtlichen ordre public großzügigeren – ordre public international gem. § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG[28] heran, ergibt sich keine veränderte Beurteilung als bei der vom BGH nur hilfsweise im Kontext der Diskussion einer erneuten Vorlage an den EuGH erörterten Prüfung des kollisionsrechtlichen ordre public: Die hypothetische Anerkennung der konkreten aţ-Ţalāq-Scheidung ist mit Grundwertungen des deutschen Rechts, namentlich Art. 3 Abs. 2 GG, unvereinbar.[29] Anders läge es nur dann, wenn – was nach den Fallumständen zu verneinen war – die Ehefrau mit der Art der Auflösung der Ehe kraft Ausspruchs der Scheidungsformel durch den Ehemann einverstanden war oder die Ehe auch nach deutschem Sachrecht zu scheiden gewesen wäre.[30] Näherer Analyse bedarf nach allem nur die Reichweite des Eigenrechtsvorrangs nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB bei der direkten und der entsprechenden Anwendung der Anknüpfungsregeln der Rom III-VO.
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