Bis zum 1.9.2009 fielen der Stichtag für die Berechnung des Zugewinns (Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags, § 1384 BGB a.F.) und der Stichtag für die Entstehung der Ausgleichsforderung (Ende des Güterstandes, § 1378 Abs. 3 S. 1 BGB) auseinander. Das ermöglichte insofern Vermögensmanipulationen, als sich dem ausgleichspflichtigen Ehegatten die Gelegenheit bot, sein bei Rechtshängigkeit vorhandenes Vermögen während des Scheidungsverfahrens beiseite zu schaffen und die – erst mit Rechtskraft der Scheidung entstehende – Ausgleichsforderung ins Leere laufen zu lassen. Dem ist seit 1.9.2009 ein Riegel vorgeschoben. Seither ist die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags maßgeblicher Zeitpunkt nicht nur für die Berechnung des Zugewinns, sondern auch für die Berechnung der Ausgleichsforderung (§ 1384 BGB). Diese Forderung ist, wenn sie mit Rechtskraft der Scheidung entsteht, in der zuvor errechneten Höhe zu begleichen – und zwar unabhängig von dem dann noch vorhandenen Vermögen. Hat der ausgleichspflichtige Ehegatte während des Scheidungsverfahrens Vermögensverluste erlitten, muss er sich gegebenenfalls also verschulden, um die Ausgleichsforderung zu begleichen. Das gilt auch, wenn die Vermögensverluste – wie in der Bankenkrise 2009 – aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung ohne Zutun und Verschulden des Ehegatten eingetreten sind. Der Vorschlag, hier der Kappungsgrenze des § 1378 Abs. 2 S. 1 BGB durch eine teleologische Reduktion des – auf die Verhinderung manipulativer Vermögensminderungen zielenden – § 1384 BGB Geltung zu verschaffen, hat sich nicht durchgesetzt.[6]

[6] Ablehnend BGH FamRZ 2012, 1479 m. Anm. Hoppenz; Kogel, NZFam 2019, 701; Schulz/Hauß, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 6. Aufl. 2015, Rn 702.

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