1. Mit der Entscheidung vom 3.2.2010[1] hat der BGH einen Paradigmenwechsel bei den Zuwendungen der Schwiegereltern an Schwiegerkinder eingeleitet. Wurden früher derartige Leistungen nicht als unentgeltliche Zuwendungen angesehen und damit im Innenverhältnis der Eheleute abgewickelt, soll nunmehr eine Schenkung vorliegen. Nach der jetzigen Judikatur berechtigt dies die Schwiegereltern gegenüber dem Schwiegerkind, selber eine Rückforderung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage geltend zu machen. Die Entscheidung ist auf ein breites, teilweise sehr kritisches Echo gestoßen.[2] Vor allen Dingen wurde die Befürchtung geäußert,[3] dass als Folgewirkung die Rechtsprechung des BGH betreffend die Zuwendungen der Eheleute untereinander "kippen" könne. Diese Befürchtung hat sich nach dem nunmehrigen Urteil nicht bestätigt. Der BGH hält zu Recht nach wie vor daran fest, dass insoweit über den Zugewinn der Ausgleich erfolgen müsse. Vor allen Dingen ein rechtspolitisches Argument ist für ihn maßgebend: Würde insoweit eine Schenkung angenommen, müsste unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage eine Rückforderung außerhalb des Zugewinnausgleichsprozesses vorgenommen werden.[4] Während die Berechnung nach dem gesetzlichen Güterstand eine klare Abrechnung und damit eine relativ sichere Prognose erlaubt, ist bei der Billigkeitskorrektur nach § 242 BGB kaum noch eine verlässliche Vorhersage möglich. Im Gegensatz zu einer früheren Entscheidung[5] hat er diese Gesichtspunkte nunmehr sogar ausdrücklich auf eine Zuwendung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zwischen den Eheleuten ausgeweitet. Damit dürfte klar sein, dass die jahrzehntelange Rechtsprechung weiterhin Gültigkeit hat. Das in der Literatur geforderte vermeintlich "notwendige ernste Wort zur rechten Zeit"[6] hat den BGH nicht veranlasst, die angebliche Vermutung der Revisionsbedürftigkeit bei einer mehr als 15-jährigen Judikatur aufzugreifen. Tradition im juristischen Bereich ist ohnehin keineswegs "Schlamperei".[7] Sie gewährt im Gegenteil Rechtssicherheit bei der Vorhersage des Ausgangs eines Verfahrens. Die ständig wechselnde Rechtsprechung des BGH zur ehebezogenen Zuwendung von Schwiegereltern ähnelt eher einer juristischen Echternacher Springprozession. Diese braucht niemand.

2. Die Ausführungen des BGH zu den Rückforderungsansprüchen, die in die Zugewinnausgleichsbilanz eingestellt werden müssen, sind allerdings nur zum Teil überzeugend. Hierbei handelt es sich um die Zahlungsansprüche der Kinder/Enkel einerseits sowie die Pflegeverpflichtung und das Wohnungsrecht andererseits.

a) Zunächst bezweifelt der BGH, ob nach der Scheidung der Ehe überhaupt derartige Leistungen in der Zugewinnausgleichsberechnung aufgeführt werden können und müssen. Er lässt dies dahinstehen. Bei einem Fortfall der Positionen wäre das Endvermögen der Ehefrau höher anzusetzen gewesen. Die Passiva seien geringer. Hierdurch erhöhe sich der Zugewinnausgleichsanspruch des Ehemanns. Nur die Ehefrau hatte aber Revision eingelegt.

Dieser eher beiläufige Hinweis weist auf die eigentliche Problematik des Falles hin: Die Beteiligten rechneten nach Zugewinnausgleichsrecht ab, obwohl eine Pflicht der Ehefrau auf Zahlung insoweit gar nicht bestand. Viel naheliegender war eine Pflicht auf Rückübertragung des gesamten Grundstücks! Diese Erkenntnis erschließt sich dem Leser auch erst, wenn man die Rahmendaten der Entscheidung genau beachtet. Der Ehemann (76-jährig) hatte unmittelbar nach der Eheschließung das Grundstück an seine über dreißig Jahre jüngere Ehefrau übertragen. Es handelte sich um sein Anfangsvermögen. Angesichts des Zeitablaufs (Eheschließung 1998, Endvermögensstichtag 2004) war eher nicht von einer relevanten Steigerung des Vermögenswertes auszugehen. Im Zweifel betrug sein Zugewinn daher 0 EUR. Der wesentliche Zugewinn der Ehefrau lag in der ihr übertragenen Immobilie. Die rechtskräftige Scheidung erfolgte bereits im Jahre 2005.

Ohne dass der BGH dies näher ausführt, könnte zunächst an eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über den Fortfall einer testamentarischen Verfügung oder eines Erbvertrages gedacht werden. Unter der Voraussetzung, dass das Ehescheidungsverfahren eingeleitet oder die Ehe rechtskräftig geschieden wird (vgl. §§ 2077, 2279 BGB), entfallen insoweit ja die Rechtswirkungen. Alternativ hätte man in Betracht ziehen können, wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage die Rückforderung des gesamten Grundbesitzes zu verlangen. Offenbar war der Ehemann diesen Weg aber gerade nicht gegangen. Er hatte von vornherein nur die güterrechtliche Schiene beschritten. Eigentlich hätte sich angeboten, den Zugewinnausgleichsanspruch deswegen abzuweisen, weil zunächst jedenfalls dem Endvermögen der Ehefrau der Rückforderungsanspruch des Ehemannes entgegenstand. Ihre Rechtsposition war nicht gesichert. Im Zweifel belief sich ihr Zugewinn deswegen auf 0 EUR. Als der Senat sein Urteil fällte, war der Anspruch auf Rückübertragung aber wegen der dreijährigen Verjährungsfrist nich...

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