Es kann nicht zwischen Vergleichen und Titulierung durch Urteil unterschieden werden.[32] Vergleiche bieten keinen Anlass, anders als bei einem vorangegangenen Urteil, von einem vorangegangenen Tun auszugehen. Die Wahrheitspflicht im Prozess ist nicht auf ein vorangegangenes Tun beschränkt, sondern besteht unabhängig davon auch bei vorangegangenen Urteilen. Sie bezieht sich auch nicht nur auf Änderungen, nach denen zu fragen der andere keine Veranlassung hatte, denn die Auskunftspflicht besteht nach §§ 1605, 1580 BGB nur alle zwei Jahre, während die Wahrheitspflicht laufend besteht.

Berechtigter und Verpflichteter sind gleich zu behandeln, denn es macht keinen Unterschied, ob der Berechtigte oder der Verpflichtete gegen die Wahrheitspflicht im Prozess verstößt.

Voraussetzung ist nach § 323 Abs. 1 ZPO aber in allen Fällen, dass sich eine "wesentliche" Veränderung aus den Umständen ergibt, die verschwiegen worden sind.

Ebenso bleibt es bei § 323 Abs. 3 ZPO für Urteile – soweit nicht § 323 Abs. 3 S. 2 ZPO für familienrechtliche Ansprüche eine Ausnahme macht –, für Vergleiche gilt die Vorschrift nicht.[33]

Die Rechtsgrundlage des Verstoßes gegen die Wahrheitspflicht ist in §§ 242, 1605 analog, 1618a BGB und in der Folge in §§ 241 Abs. 2, 280, 282, 286, 823 Abs. 2, 826 BGB zu sehen; die Verwirkung ist nur eine Konsequenz daraus.

[32] So schon Brüne, FamRZ 1983, 657.
[33] BGH (GS) FamRZ 1983, 22; BGH FamRZ 1998, 951; Zöller/Vollkommer (wie Fn 31), § 323 Rn 35a.

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