Die Meinungen in der Literatur sind nicht einheitlich, weil die Voraussetzungen der ungefragten Auskunft mit den genannten Entscheidungen des BGH nur scheinbar geklärt sind.[10]
Teilweise wird generell eine ungefragte Informationspflicht nur bejaht, wenn das Schweigen des Berechtigten oder Verpflichteten unredlich war und kein Anlass bestand, sich durch eine Auskunft zu vergewissern, es wird also kein Unterschied zwischen Urteilen und Vergleichen gemacht.[11]
Teilweise wird mit der Rechtsprechung zwischen Urteilen und Vergleichen differenziert: Während im ersteren Falle die ungefragte Offenbarungspflicht sich auf Ausnahmefälle ("evident") beschränken soll, soll sie auf Grund einer Vereinbarung (einem Vergleich) erhöht sein.[12] Für den Fall des Unterhaltsanspruchs auf Grund einer Vereinbarung wird auf die vertragliche Treuepflicht abgestellt, aus der sich ergebe, dass jederzeit und unaufgefordert dem anderen für die Unterhaltsbemessung wesentliche Umstände mitgeteilt werden müssten.[13]
Teilweise wird die Offenbarungspflicht aus einem vorangegangenen Tun des Unterhaltsgläubigers hergeleitet,[14] wobei dies bei einem vorangegangenen Tun des Unterhaltsschuldners nur bei "evidenter Unrichtigkeit" gelten soll, nämlich dort, wo der andere Teil nicht wissen und nicht fragen kann.[15] Bei einer Unterhaltsvereinbarung soll die Offenbarungspflicht des Unterhaltsgläubigers sich aus der vertraglichen Treuepflicht – also auch einem vorausgegangenen Tun – ergeben.[16]
Borth[17] kritisiert die Rechtsprechung des BGH, weil sie angesichts der Einschränkungen der Auskunft zu eng sei; eine Pflicht zur ungefragten Information sei schon dann anzunehmen, wenn die Voraussetzungen nach § 323 Abs. 1 ZPO gegeben seien. Ähnlich kritisiert Strohal[18] die Rechtsprechung des BGH, weil die Auskunftssperre des § 1605 Abs. 2 BGB wegen der anders gelagerten Gesetzesmotive (nur Schutz vor unzumutbarer Mehrbelastung des Auskunftspflichtigen) der ungefragten Informationspflicht nicht entgegenstehe.
Teilweise wird eine Offenbarungspflicht dann angenommen, wenn die Veränderung über 10 % liegt (der generellen Grenze für Änderungen nach § 323 Abs. 1 ZPO).[19]
Die Rechtsgrundlage der ungefragten Informationspflicht wird in §§ 242, 1353, 1605 analog, 1618a BGB gesehen.[20] Als Konsequenz wird angenommen, sie bestehe in der Verwirkung gem. §§ 1579 Nr. 2 oder 1611 BGB.[21] Es wird aber auch ein Schadensersatzanspruch aus §§ 241 Abs. 2, 280, 282, 286 BGB (wegen pVV oder nicht erteilter Auskunft) angenommen.[22] Ein Schadensersatzanspruch gem. §§ 823 Abs. 2 (i.V.m. § 263 StGB) oder 826 BGB wird angenommen, weil durch das Unterlassen des Verpflichteten/Berechtigten der Unterhaltsanspruch kraft Gesetzes untergegangen oder aufrechterhalten worden ist.[23] Ein (schwacher – wegen § 818 Abs. 3 BGB) Bereicherungsanspruch gem. § 812 BGB[24] wird bejaht.
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