§ 1374 Abs. 1, 2 BGB; § 2 Abs. 1 VermG

Leitsatz

Zur Berücksichtigung von Restitutionsansprüchen im Zugewinnausgleich (Fortführung von BGHZ 157, 379).

BGH, Urt. v. 20.6.2007 – XII ZR 32/05 (OLG Düsseldorf, AG Kempen)

Sachverhalt

Tatbestand: Die am 1.6.1984 geschlossene Ehe der Parteien ist auf den am 10.11.1993 zugestellten Scheidungsantrag durch rechtskräftiges Urt. v. 27.5.1994 geschieden worden. Die Klägerin begehrt Zugewinnausgleich. Zwischen den Parteien ist streitig, ob sich das Anfangsvermögen des Beklagten gem. § 1374 Abs. 2 BGB um den Wert mehrerer restituierter Grundstücke in den neuen Bundesländern erhöht. Mit deren Zuerwerb hat es folgende Bewandtnis:

Der Beklagte hat seinen am 22.5.1965 verstorbenen Vater Hermann P. zu und seine am 16.3.1977 verstorbene Tante Helene P. zu 10/48 beerbt. Der Vater war Eigentümer eines Grundstücks in D., die Tante war Eigentümerin dreier in D. und M. gelegener Grundstücke. Alle vier Grundstücke wurden 1962 – also vor dem Tod der Erblasser – entschädigungslos enteignet. Auf Grund des Vermögensgesetzes wurden ein Grundstück 1992 und die übrigen Grundstücke 1994/1995 auf die Erbengemeinschaften nach dem Vater und der Tante rückübertragen.

Der auf den Beklagten entfallende anteilige Wert der rückübertragenen Grundstücke betrug bei Inkrafttreten des Vermögensgesetzes (am 29.9.1990) als dem für den Rückübertragungsanspruch maßgebenden Zeitpunkt nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts 845.041,67 DM, so dass sich – bezogen auf den Endstichtag (10.11.1993, § 1384 BGB) – nach den Berechnungen des Berufungsgerichts ein indexierter Wert von 943.594,92 DM ergibt.

Das aus einem Sparvermögen stammende Anfangsvermögen des Beklagten betrug – ohne den etwaigen nach § 1374 Abs. 2 BGB zu berücksichtigenden Zuerwerb der Grundstücke – 103.237 DM, nach den Berechnungen des Berufungsgerichts indexiert: 125.898,78 DM. Das Endvermögen des Beklagten beträgt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts einschließlich des anteiligen Wertes der restituierten Grundstücke 1.004.473,55 DM. Die Klägerin hat in der Ehe keinen Zugewinn erzielt.

Das AG hat die Klage abgewiesen, weil das Anfangsvermögen des Beklagten, bestehend aus seinem Sparvermögen und den gem. § 1374 Abs. 2 BGB hinzuzurechnenden Grundstücksanteilen, sein Endvermögen übersteige und sich somit kein Zugewinn ergebe. Das OLG hat die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen und die Revision zugelassen, soweit die Klage wegen eines Anspruchs auf Zugewinnausgleich in Höhe von 224.604,07 EUR abgewiesen worden ist. In dieser Höhe verfolgt die Klägerin mit der Revision ihr Klagbegehren weiter.

Aus den Gründen

Entscheidungsgründe: Das Rechtsmittel führt zur teilweisen Abänderung der angefochtenen Entscheidung.

I. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts hat der Beklagte in der Ehe keinen Zugewinn erzielt. Seinem Anfangsvermögen (125.898,78 DM) sei gem. § 1374 Abs. 2 BGB der Wert der anteiligen Ansprüche auf Rückübertragung der enteigneten Grundstücke (indexiert: insgesamt 943.594,92 DM) als privilegierter Zuerwerb hinzuzurechnen. Sein Endvermögen (1.004.473,55 DM) übersteige mithin den Wert des so ermittelten Anfangsvermögens (125.898,78 DM + 943.594,92 DM = 1.069.493,70 DM) nicht.

Der Beklagte habe zwar erst mit dem Inkrafttreten des Vermögensgesetzes und somit in der Ehe eine rechtlich geschützte Vermögensposition hinsichtlich der enteigneten Grundstücke seines Vaters und seiner Tante erworben. Doch sei auch dieser Erwerb nach § 1374 Abs. 2 BGB in privilegierter Weise erfolgt:

Das ergebe sich bereits aus dem Wortlaut dieser Bestimmung, der den Erwerb von Todes wegen nicht auf einen Vermögensanfall auf Grund gesetzlicher oder gewillkürter Erbfolge, Vermächtnisses, Pflichtteils- oder Erbersatzanspruchs beschränke. Der Erwerb müsse auch nicht im Erbgang selbst bestehen oder sich über den Nachlass vollziehen. Entscheidend sei vielmehr, dass die dem Beklagten durch das Vermögensgesetz eingeräumte Rechtsposition allein auf seiner Stellung als Erbe beruhe und der Tod des Erblassers nicht nur äußerer Anlass, sondern originäre Voraussetzung für den Erwerbsvorgang gewesen sei.

Auch Sinn und Zweck des § 1374 Abs. 2 BGB forderten die Einbeziehung dieses Vermögensvorteils in das Anfangsvermögen. Diese Vorschrift begründe eine Ausnahme von dem Prinzip, dass es für die Einbeziehung von Vermögenswerten eines Ehegatten in den Zugewinnausgleich grundsätzlich nicht darauf ankommen solle, ob und in welcher Weise der andere Ehegatte zu dem Erwerb dieser Werte beigetragen habe. Der Sinngehalt des § 1374 Abs. 2 BGB bestehe daher darin, solche Erwerbsvorgänge einer Ausgleichungspflicht zu entziehen, die ihre Ursache in dem Todesfall des Zuwendenden hätten, darüber hinaus auf einer besonderen persönlichen Beziehung des bedachten Ehegatten zu dem Zuwendenden beruhten und andererseits in keinem Zusammenhang mit der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft stünden. Diese Voraussetzungen seien vorliegend gegeben.

II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

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