Leitsatz

Die ortsübliche Vergleichsmiete kann das Gericht nach Augenscheinseinnahme der Wohnung anhand des Tabellen-Mietspiegels ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens feststellen.

Die Mietspiegel Hamburgs von 1989 bis 1995 sind unter der gebotenen Methodenkontrolle erstellt worden. Angriffe gegen die Erstellungsmethoden, die nicht substantiiert dargelegt werden, sind unbeachtlich. Eine Partei kann nicht verlangen, daß ihr die Baubehörde Hamburg die Grundlagendaten der Mietspiegel zur Einsicht überläßt.

 

Sachverhalt

Die Mieter halten den Anstieg ihrer Miete für unzulässig. Sie wehren sich gegen die Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete anhand des hamburgischen Mietspiegels. Sie behaupten, der Mietspiegel sei nicht nach einwandfreien wissenschaftlichen Methoden erstellt worden. Sie wenden auch ein, daß in das entscheidende Vergleichsfeld zu wenige Wohnungen berücksichtigt wurden. Außerdem habe die Baubehörde ihnen nicht die gesamten Erstellungsgrundlagen zur Einsicht überlassen. Die Mieter die ortsüblichen Vergleichsmiete daher durch einen Sachverständigen feststellen lassen.

 

Entscheidung

Die Miete überstieg die ortsübliche Vergleichsmiete nicht. Die verlangte Miete entspricht den Mittelwerten des Hamburgischen Mietspiegels der Ausgaben 1989, 1991, 1993 und 1995. Die Einwände der Mieter gegen die Mietspiegel sind nicht begründet. Die Mietspiegel spiegeln die ortsübliche Vergleichsmiete zuverlässig wider. Sie beruhen auf einem breiten, empirisch erhobenen Datenmaterial. Die Mieter haben keinen Beweis dazu angetreten, daß der Mietspiegel mit unwissenschaftlichen Methoden erstellt wurde. Mit einer Feldbesetzung von 406 Wohnungen sind ausreichend Vergleichswohnungen in die Erstellung des entscheidenden Vergleichsfeldes eingeflossen. Der Mietspiegel kann auch angewendet werden, obwohl das Bauamt den Mietern die Erstellungsgrundlagen nicht insgesamt zur Einsicht überlassen hat. Das Bundesverfassungsgericht hat ausgeführt, daß ein Bürger das Recht, Befundtatsachen durch Sachverständige überprüfen zu lassen um so weniger hat, je größer der von ihm verwertete Tatsachenstoff ist und daß, wenn der Sachverständige auf statistisch erfaßtes Material zurückgreift, Einzelheiten für eine kritische Würdigung in der Regel nicht benötigt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat auch dargelegt, daß im Einzelfall das Recht auf rechtliches Gehör hinter das Gebot des effektiven Rechtsschutzes zurücktreten muß. Dem Vermieter würde der ihm zustehende Rechtsschutz in ungerechtfertigter Weise verkürzt, wenn dem zusätzlichen Informationsinteresse der Mieter der Vorrang eingeräumt würde. Es sind auch keine "Zuschläge zur Stichtagsdifferenz" vorzunehmen, denn es gibt keine ausreichenden Hinweise dafür, daß die Mieten zwischen den Erhebungen linear angestiegen sind.

Die Wohnung ist korrekt eingeordnet worden. Der Mietspiegel darf zwar nicht schematisch angewandt werden, es sind vielmehr die Umstände des Einzelfalles zu würdigen. Dazu reicht eine - hier durchgeführte - Ortsbesichtigung, die Einholung eines Sachverständigengutachtens ist aber nicht erforderlich.

 

Link zur Entscheidung

LG Hamburg, Urteil vom 24.10.1997, 311 S 247/96

Fazit:

Zur Begründung seines Erhöhungsverlangens zur Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete, darf der Vermieter sich auf einen Mietspiegel, drei Vergleichswohnungen oder ein Sachverständigengutachten beziehen (§ 2 Abs. 2 MHG). Da stellt sich die Frage, warum dem Mieter die Berufung auf ein Sachverständigengutachten verwehrt ist, zumal er kaum die Möglichkeit hat, den Mietspiegel anzugreifen.

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