3.1 Begrenzung auf das Nettoentgelt

 

Rz. 33

Der Auftraggeber haftet nur auf das Nettoentgelt des Arbeitnehmers. Das ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut von § 13 i. V. m. § 14 Satz 2 AEntG. Gemeint ist hier das konkrete Nettoentgelt des jeweiligen Arbeitnehmers. Die für ihn relevanten Merkmale der Besteuerung und der Verbeitragung seines Arbeitsentgelts sind heranzuziehen. Handelt es sich um einen Arbeitnehmer, der ausländischem Steuer- und Sozialversicherungsrecht unterliegt, sind die tatsächlich vom Arbeitnehmer nach ausländischem Recht zu tragenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge maßgeblich, nicht aber die fiktiven Beiträge zur deutschen Sozialversicherung (BAG, Urteil v. 17.8.2011 5 AZR 490/10). Eine Haftung auch für Lohnsteuer oder den Gesamtsozialversicherungsbeitrag sieht das Gesetz hingegen nicht vor. Die Vorschrift dient dem Schutz der Arbeitnehmer, nicht dem der Sozialversicherungsträger.

3.2 Begrenzung auf den gesetzlichen Mindestlohn

 

Rz. 34

Die Haftung ist beschränkt auf den gesetzlichen Mindestlohn. Für darüber hinausgehende Lohnansprüche besteht keine Haftung. Nachdem die Übergangsregelung des § 24 MiLoG mit Ablauf des 31.12.2017 außer Kraft getreten ist, kann der Mindestlohn nicht mehr durch Tarifvertrag unterschritten werden, weswegen nunmehr auch der Auftraggeber für den gesetzlichen Mindestlohn in voller Höhe einstehen muss.

Ist der Lohn nach einem nach dem AEntG erstreckten Tarifvertrag höher als der gesetzliche Mindestlohn, ist der Auftraggeber aber nicht an diesen Tarifvertrag gebunden, haftet der Auftraggeber ebenfalls nur für den gesetzlichen Mindestlohn und nicht auf den höheren Mindestlohn nach dem Tarifvertrag.[1]

[1] Riechert/Nimmerjahn, § 13 MiLoG Rz. 33.

3.3 Haftung nur für die Vergütung für erbrachte Arbeitsleistung

 

Rz. 35

Der Mindestlohn ist nur für die Zeiten der Erbringung der tatsächlichen Arbeitsleistung vom Auftraggeber zu zahlen. War der Arbeitnehmer erkrankt oder in Urlaub, hat er zwar auch einen Anspruch auf Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns gegen seinen Arbeitgeber. Da er in dieser Zeit jedoch nicht für den Auftraggeber gearbeitet hat, entfällt der Grund für die Haftung des Auftraggebers.[1] Das ergibt sich daraus, dass der Auftraggeber nur für die Ansprüche nach dem MiLoG haftet, nicht jedoch für Ansprüche aus sonstigem Recht. Das MiLoG gibt dem Arbeitnehmer nur einen Anspruch auf Zahlung des Mindestlohns für die tatsächlich geleisteten Stunden, während sich die Vergütung für die Zeiten des Urlaubs oder der Arbeitsunfähigkeit aus § 11 BUrlG bzw. § 3 EFZG – also aus anderen Rechtsgrundlagen – ergeben.[2] Zinsen für rückständige Vergütung gegen den eigenen Arbeitgeber können nicht verlangt werden, weil es auch hierfür an einer Anspruchsgrundlage gegenüber dem Auftraggeber fehlt. Erst dann, wenn der Auftraggeber selbst in Verzug mit der Zahlung der sich aus der Auftraggeberhaftung ergebenden Verpflichtung gerät, besteht auch gegen ihn ein Anspruch auf Zahlung von Zinsen nach § 286 ff. BGB.

3.4 Keine Haftung für Insolvenzgeld

 

Rz. 36

Grundsätzlich haftet der Auftraggeber gem. § 13 auch im Falle der Insolvenz des Sub- oder Nachunternehmers, da § 14 AEntG nicht zwischen der Ursache für die Nichtzahlung des Branchenmindestlohns unterscheidet.[1] Die Bundesagentur für Arbeit, soweit sie wegen der Insolvenz des Nachunternehmers Insolvenzgeld[2] zahlt, kann sich jedoch nicht auf § 13 berufen und vom Auftraggeber die Zahlung der Nettomindestlöhne aus übergegangenem Recht an sich verlangen.[3] Auch das ist in der Fachliteratur jedoch umstritten.[4]

[1] Oltmanns/Fuhlrott: Die Auftraggeberhaftung bei Verstößen gegen das MiLoG NZA 2015 S. 394; Riechert/Nimmerjahn, MiLoG § 13 Rz. 53.
[2] § 165 I SGB III.
[4] S. Richert/Nimmerjahn § 13 MiLoG, Rz. 54.

3.5 Selbstschuldnerische Haftung

 

Rz. 37

Der Auftraggeber bzw. die als Auftraggeber ebenfalls tätigen Unternehmer der Nachunternehmerkette haften als selbstschuldnerische Bürgen. Das bedeutet:

  • Auf Verschulden kommt es nicht an – es handelt sich um eine reine Ausfall- und Garantiehaftung.
  • Die Bürgenhaftung ist zwingend und kann nicht vertraglich abbedungen werden.
  • Der Arbeitnehmer kann sich direkt an den Auftraggeber halten und muss nicht erst versuchen, seinen eigenen Arbeitgeber in Anspruch zu nehmen, wenn dieser zur Fälligkeit nicht zahlt.
  • Der Arbeitnehmer hat ein Wahlrecht, welchen Auftraggeber aus der Unternehmerkette er in Anspruch nimmt.
  • Der in Haftung genommene Auftraggeber kann alle Einwendungen und Einreden erheben, die auch dem Vertragsarbeitgeber zugestanden hätten. Insbesondere kann er sich auf Verjährung berufen.
  • Soweit der Auftraggeber die Lohnansprüche des Arbeitnehmers erfüllen muss, gehen dessen Lohnansprüche gegen seinen eigenen Arbeitgeber auf den Auftraggeber über. Dieser kann versuchen, die gezahlte Vergütung vom Arbeitgeber des Arbeitnehmers zurück zu erhalten. Ob das angesichts von Zahlungsschwierigkeiten Erfolg versprechend ist, hängt vom Einzelfall ab.

3.6 Haftung in der Nachunternehmerkette

3.6.1 Haftung für alle nachgehenden Unternehmen

 

Rz. 38

Bei einer Nachunternehmerkette, in der der andere Unternehmer wiederum den Auftrag nicht selbst ausführt, sondern an...

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