Leitsatz

Auch bei der Teilung und Übertragung von Gesellschaftsanteilen muss deren Nennbetrag den gesetzlichen Anforderungen genügen. Anderenfalls ist die zugrunde liegende Vereinbarung nichtig.

 

Sachverhalt

Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen einer fehlgeschlagenen Übertragung von Anteilen an einer Familien-GmbH bzw. an einer GmbH & Co. KG. Mit notariellem Vertrag vom 8.9.1993 hatte einer der Beklagten seinen Geschäftsanteil an der Komplementär-GmbH in Höhe von 12500 DM zu gleichen Teilen, also jeweils einen Anteil von 6250 DM, unentgeltlich auf den Kläger und dessen Bruder übertragen, desgleichen hälftig seinen Kommanditanteil. Ähnlich war der zweite Beklagte verfahren, der mit Vertrag vom 23.12.1993 seinen GmbH-Anteil in Teilen von 13750 DM bzw. 6250 DM veräußert hatte. In der Folge kam es zum Streit zwischen den Beteiligten. Der Kläger, der zunächst als Geschäftsführer bestellt war, legte dieses Amt nieder. Er verlangt jetzt u.a. die Auszahlung von Gewinnanteilen. Der BGH hob eine verurteilende Entscheidung des OLG auf und wies die Klage ab.

 

Entscheidung

Dem Kläger steht kein Schadensersatzanspruch[1] gegen die Beklagten zu, weil beide notariellen Verträge insgesamt nichtig[2] sind. Auch bei der Teilung eines Geschäftsanteils musste der Nennbetrag der neuen Anteile in DM durch 100 teilbar sein[3]. Ein Verstoß gegen diese gesetzliche Regelung hat die Nichtigkeit des Übertragungsgeschäfts zur Folge[4]. Der Mangel wird durch die Eintragung der unzulässigen Stammeinlage in das Handelsregister nicht geheilt[5].

Die Nichtigkeit des dinglichen (Übertragungs-)Geschäfts erfasst grundsätzlich auch das vorangehende Verpflichtungsgeschäft. Ein Vertrag, der auf eine rechtlich unzulässige Leistung gerichtet ist, ist wegen anfänglicher Unmöglichkeit der Leistung nichtig[6]. Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes, gegen das das Erfüllungsgeschäft verstößt, nicht zwingend die Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts erfordern[7]. Eine solche Ausnahme vermochte der Senat nicht zu erkennen. Denn die Bestimmungen des GmbHG über die bei der Teilung einer Stammeinlage bzw. eines Geschäftsanteils zulässigen Beträge sollen eine völlige Kapitalzersplitterung verhindern. Dieser Zweck wird aber nur erreicht, wenn einem Rechtsgeschäft, das gegen jene Vorschriften verstößt, jede rechtliche Wirksamkeit versagt wird.

 

Praxishinweis

Der BGH sah auch keine Möglichkeit, die Nichtigkeit durch ergänzende Vertragsauslegung zu heilen. Voraussetzung hierfür wäre zunächst, dass die Vereinbarung der Parteien eine planwidrige Regelungslücke aufweist. Sie liegt dann vor, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder bewusst offen gelassen haben, weil er für sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht regelungsbedürftig war, und wenn sich diese Annahme nachträglich als unzutreffend herausstellt[8]. Lassen sich dann keine hinreichenden Anhaltspunkte für den hypothetischen Parteiwillen finden, etwa weil mehrere gleichwertige Auslegungsmöglichkeiten in Betracht kommen, scheidet eine ergänzende Vertragsauslegung stets aus. Im Urteilsfall wäre etwa die Erhöhung eines Geschäftsanteils um 50 DM und eine entsprechende Minderung des anderen Anteils in Frage gekommen. Anhaltspunkte dafür, welche der möglichen Lösungen die Parteien gewählt hätten, wenn ihnen die Nichtigkeit der Anteilsübertragungen gegenwärtig gewesen wäre, konnte der Senat nicht entdecken. Die daraus folgende Ungewissheit schloss die Möglichkeit einer ergänzenden Auslegung daher aus.

 

Link zur Entscheidung

BGH-Urteil vom 20.7.2005, VIII ZR 397/03

[1] Wegen Nichterfüllung aus den §§ 325, 326 BGB a.F.
[2] Vgl. §§ 306, 139 BGB a.F.
[3] Vgl. § 17 Abs. 4 i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 2 GmbHG a.F; nach heute geltendem Recht ist eine Teilbarkeit des Euro-Nennbetrags durch 50 erforderlich
[4] Vgl. Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., München 2000, § 5 Rz. 12; Ausnahmen können sich aus § 57h Abs. 1 Satz 2, § 57i Abs. 2 Satz 4, §58 Abs. 2 Satz 2, § 58a Abs. 3 Satz 2 und 3 GmbHG ergeben
[5] Vgl. Fastrich, a.a.O. (Fn. 4), Rz. 13
[7] Vgl. §134 letzter Hs. BGB; BGH-Urteil vom 10.7.1991, VIII ZR 296/90, NJW 1991, S. 2955

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