Leitsatz

  • Keine Haftung der faktischen (werdenden) Eigentümer für Verbindlichkeiten, die vor der in Vollzug gesetzten Wohnungseigentümergemeinschaft begründet wurden! (?)

    Ende der faktischen Gemeinschaft mit Invollzugsetzung der Wohnungseigentümergemeinschaft! (?)

 

Normenkette

§ 16 Abs. 2 WEG

 

Kommentar

1. Ist die tatsächliche Wohnungseigentümergemeinschaft durch Anlegung der Wohnungsgrundbücher und Eintragung von mind. 2 Wohnungseigentümern im Grundbuch entstanden, d.h. in Vollzug gesetzt, soll nach Meinung des OLG Köln eine bis dahin möglicherweise bestehende sog. faktische Gemeinschaft enden. Dies soll auch dann gelten, wenn noch nicht alle früheren Mitglieder der faktischen Gemeinschaft bereits Miteigentümer der neuen tatsächlichen Wohnungseigentümergemeinschaft geworden sind. Die noch nicht zur späteren, in Vollzug gesetzten Wohnungseigentümergemeinschaft gehörenden sog. faktischen (werdenden) Eigentümer sollen damit auch nicht für Verbindlichkeiten haften, die von der späteren, in Vollzug gesetzten Wohnungseigentümergemeinschaft begründet worden und zu dieser Zeit fällig geworden sind.

2. Eine Wohnungseigentümergemeinschaft ist rechtlich in Vollzug gesetzt mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher und Eintragung von mind. 2 Eigentümern im Grundbuch (also dem ersten Ersterwerber zusammen noch mit dem Bauträger- Verkäufer, vgl. hierzu BayObLG, NJW 90, 3216). In diesem Zeitpunkt der Entstehung der tatsächlichen Wohnungseigentümergemeinschaft soll auch die faktische Gemeinschaft enden, die bis dahin bestanden haben mag (vgl. bereits OLG Köln, NZM 98, 199). Aus dem Umstand, dass noch nicht alle, die nach den Vorstellungen des ursprünglichen Veräußerers einmal Eigentümer einer Einheit werden sollten, Wohnungseigentümer geworden sind, soll nicht folgen, dass es sich bei der Wohnungseigentümergemeinschaft immer noch um eine sog. faktische oder werdende Gemeinschaft handelt. Wurden also bereits Verbindlichkeiten durch Beschlüsse begründet, die zeitlich nach Invollzugsetzung der tatsächlichen Wohnungseigentümergemeinschaft gefasst wurden, haften hier frühere faktische/werdende Eigentümer nicht (vgl. BGHZ 107, 285 = NJW 89, 2697). Dies soll seinen Grund darin haben, dass der werdende Eigentümer einer bereits in Vollzug gesetzten Gemeinschaft bei der Begründung dieser Verbindlichkeiten nicht mitwirken kann, weil er in der Versammlung noch kein Stimmrecht besitzt (BGHZ 106, 110) und weil er ohne seine Mitwirkung zustande gekommene Beschlüsse auch nicht anfechten kann. Es würde eine dem deutschen Recht fremde Begründung einer Verbindlichkeit "zu Lasten Dritter" bedeuten, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft Verbindlichkeiten für den werdenden Eigentümer beschließen könnte, die er nicht im Wege der Anfechtung gerichtlich überprüfen lassen und auf die er auch sonst rechtlich keinen Einfluss nehmen könnte. Ob in diesem Fall ein werdender Eigentümer seine Wohnung bereits in Besitz genommen habe und der Gemeinschaft etwa aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten (etwa aus ungerechtfertigter Bereicherung) hafte, müsse im vorliegenden Fall nicht entschieden werden, da es sich insoweit um Ansprüche handeln würde, die nicht im Wohnungseigentumsverfahren geltend zu machen wären.

 

Link zur Entscheidung

( OLG Köln, Beschluss vom 28.01.1999, 16 Wx 3/99= NJW-RR 14/1999, 959)

zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung

Anmerkung:

Diese Entscheidung liegt in Ergebnis und Begründung nicht im Rahmen derzeit herrschender Rechtsmeinung. Der Senat hat hier offensichtlich verfestigte Rechtsprechung des BayObLG und nachfolgend auch anderer OLG"e bedauerlicherweise völlig missverstanden bzw. gar nicht berücksichtigt.

Nach bisher herrschender Rechtsmeinung entsteht eine faktische Wohnungseigentümergemeinschaft nach Bauträgerteilung und -verkauf (gem. § 8 WEG) mit Verkauf einer Wohnung an einen Ersterwerber, zu seinen Gunsten eingetragener Auflassungsvormerkung und Besitz-Übergabe der im Wesentlichen fertiggestellten Wohnung (des Sondereigentums). Auf diese dann entstandene faktische Gemeinschaft sind sämtliche Regelungen des WEG und einer Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung bereits - antizipiert - analog anwendbar. Faktische Eigentümer sind deshalb zu etwaigen Versammlungen in dieser Zeit, aber nach wie vor auch nach Entstehung und Invollzugsetzung der "tatsächlichen" Wohnungseigentümergemeinschaft zu laden, besitzen entsprechende Stimmrechte, haben Antragsrechte nach § 43 WEG und sind weiterhin Wohngeldvorauszahlungsschuldner der Gemeinschaft gegenüber (was offensichtlich vom OLG Köln verkannt wird).

Mit Eintragung eines ersten Ersterwerbers in das Grundbuch als Eigentümer (im Anschluss an entsprechende Auflassungs-Einigung) entsteht dann auch die "tatsächliche" und endgültige Wohnungseigentümergemeinschaft, die damit in Vollzug gesetzt ist. Wenn man so will, tritt diese also neben die faktische Gemeinschaft bzw. überlagert diese. Herrschende Rechtsmeinung (mehrfach insoweit insbesondere vom BayObLG und zuletzt auch nochmals vom OLG Hamm, Beschluss vo...

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