Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen. Anwendungsbereich. Nationale Rechtsvorschriften, die die Einziehung illegal erlangten Vermögens ohne strafrechtliche Verurteilung vorsehen

 

Normenkette

Richtlinie 2014/42/EU

 

Beteiligte

Komisia za protivodeystvie na koruptsiyata i za otnemane na nezakonno pridobitoto imushtestvo

Komisia za protivodeystvie na koruptsiyata i za otnemane na nezakonno pridobitoto imushtestvo

ZV

AX

„Meditsinski tsentar po dermatologia i estetichna meditsina PRIMA DERM” OOD

 

Tenor

Die Richtlinie 2014/42/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 über die Sicherstellung und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten in der Europäischen Union ist dahin auszulegen, dass sie nicht auf eine Regelung eines Mitgliedstaats anwendbar ist, nach der die Einziehung illegal erlangten Vermögens von einem nationalen Gericht in einem oder im Anschluss an ein Verfahren angeordnet wird, das nicht die Feststellung einer oder mehrerer Straftaten betrifft.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Sofiyski gradski sad (Stadtgericht Sofia, Bulgarien) mit Entscheidung vom 2. April 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 17. April 2019, in dem Verfahren

Komisia za protivodeystvie na koruptsiyata i za otnemane na nezakonno pridobitoto imushtestvo

gegen

ZV,

AX,

„Meditsinski tsentar po dermatologia i estetichna meditsina PRIMA DERM” OOD

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin der Zweiten Kammer A. Prechal in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Dritten Kammer, der Richter J. Passer und F. Biltgen, der Richterin L. S. Rossi (Berichterstatterin) und des Richters N. Wahl,

Generalanwalt: A. Rantos,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Komisia za protivodeystvie na koruptsiyata i za otnemane na nezakonno pridobitoto imushtestvo, vertreten durch S. Tsatsarov,
  • von ZV, AX und der „Meditsinski tsentar po dermatologia i estetichna meditsina PRIMA DERM” OOD, vertreten durch S. Kostov und G. Atanasov, advokati,
  • der bulgarischen Regierung, vertreten durch T. Mitova und M. Georgieva als Bevollmächtigte,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil und T. Machovičová als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, zunächst vertreten durch N. Nikolova, I. Zaloguin und M. Wilderspin, dann durch N. Nikolova und I. Zaloguin als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2014/42/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 über die Sicherstellung und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten in der Europäischen Union (ABl. 2014, L 127, S. 39, Berichtigung in ABl. 2014, L 138, S. 114) sowie der Art. 17 und 48 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Komisia za protivodeystvie na koruptsiyata i za otnemane na nezakonno pridobitoto imushtestvo (Kommission für die Korruptionsbekämpfung und die Einziehung illegal erlangten Vermögens, Bulgarien) (im Folgenden: Vermögenseinziehungskommission) auf der einen Seite und ZV, AX und der „Meditsinski tsentar po dermatologia i estetichna meditsina PRIMA DERM” OOD auf der anderen Seite über eine Klage auf Einziehung von Vermögen, das ZV und Angehörige ihrer Familie illegal erlangt haben sollen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

In den Erwägungsgründen 9, 15 und 22 der Richtlinie 2014/42 heißt es:

„(9) Mit der vorliegenden Richtlinie sollen die Bestimmungen [des Rahmenbeschlusses 2001/500/JI des Rates vom 26. Juni 2001 über Geldwäsche sowie Ermittlung, Einfrieren, Beschlagnahme und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten (ABl. 2001, L 182, S. 1) und des Rahmenbeschlusses 2005/212/JI des Rates vom 24. Februar 2005 über die Einziehung von Erträgen, Tatwerkzeugen und Vermögensgegenständen aus Straftaten (ABl. 2005, L 68, S. 49)] abgeändert und erweitert werden. Für die durch die vorliegende Richtlinie gebundenen Mitgliedstaaten sollten Teile dieser Rahmenbeschlüsse ersetzt werden.

(15) Eine rechtskräftige Verurteilung aufgrund einer Straftat vorausgesetzt, sollte es möglich sein, Tatwerkzeuge und Erträge aus Straftaten oder Vermögensgegenstände, deren Wert diesen Tatwerkzeugen oder Erträgen entspricht, einzuziehen. Eine derartige rechtskräftige Verurteilung kann auch im Wege von Verfahren in Abwesenheit erfolgen. …

(22) Mit dieser Richtlinie werden Mindestvorschriften festgelegt. Es bleibt den Mitgliedstaaten unbenommen, in ihrem nationalen Recht weitergehende Befugnisse vorzusehen, beispielsweise auch in Bezug auf ihre beweisrechtlichen Vorschriften.”

Rz. 4

Art. 1 Abs. 1 dieser Richtlinie be...

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