Entscheidungsstichwort (Thema)

Freier Warenverkehr. Art. 34 AEUV und 37 AEUV. Nationale Regelung, die Tabakeinzelhändlern die Einfuhr von Tabakerzeugnissen verbietet. Bestimmungen über das Bestehen und die Funktionsweise des Handelsmonopols für Tabakerzeugnisse. Maßnahme mit gleicher Wirkung wie mengenmäßige Beschränkungen. Rechtfertigung. Verbraucherschutz

 

Beteiligte

ANETT

Asociación Nacional de Expendedores de Tabaco y Timbre (ANETT)

Administración del Estado

 

Tenor

Art. 34 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren streitigen entgegensteht, die es Inhabern von Verkaufsstellen für Tabak und Stempelmarken verbietet, die Tätigkeit der Einfuhr von Tabakerzeugnissen aus anderen Mitgliedstaaten auszuüben.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Supremo (Spanien) mit Entscheidung vom 1. Juli 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 17. September 2010, in dem Verfahren

Asociación Nacional de Expendedores de Tabaco y Timbre (ANETT)

gegen

Administración del Estado,

Beteiligte:

Unión de Asociaciones de Estanqueros de Espaóa,

Logivend SLU,

Organización Nacional de Asociaciones de Estanqueros,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, des Richters J. Malenovský (Berichterstatter), der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter G. Arestis und T. von Danwitz,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. November 2011,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Asociación Nacional de Expendedores de Tabaco y Timbre (ANETT), vertreten durch J. E. Garrido Roselló, abogado,
  • der spanischen Regierung, vertreten durch B. Plaza Cruz und S. Centeno Huerta als Bevollmächtigte,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von B. Tidore, avvocato dello Stato,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Alcover San Pedro, L. Banciella und G. Wilms als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 34 AEUV.

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Asociación Nacional de Expendedores de Tabaco y Timbre (ANETT) und der Administración del Estado wegen nationaler Vorschriften, die es Inhabern von Verkaufsstellen für Tabak und Stempelmarken (im Folgenden: Tabakeinzelhändler) verbieten, Tabakerzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten einzuführen.

Nationales Recht

Rz. 3

In Art. 1 Abs. 1 und 2 der Ley 13/1998 de Ordenación del Mercado de Tabacos y Normativa Tributaria (Gesetz 13/1998 zur Ordnung des Tabakmarkts nebst steuerlichen Bestimmungen) vom 4. Mai 1998 (BOE Nr. 107 vom 5. Mai 1998, S. 14871) in der geänderten Fassung (im Folgenden: Gesetz 13/1998) heißt es:

„(1) Der Tabakmarkt ist vorbehaltlich der in diesem Gesetz festgelegten Grenzen liberalisiert, und daher wird das … Herstellungs-, Einfuhr- und Großhandelsmonopol für außerhalb der Gemeinschaft hergestellte Tabakerzeugnisse auf dem Gebiet der Iberischen Halbinsel, den balearischen Inseln, Ceuta und Melilla abgeschafft.

(2) Jede natürliche oder juristische Person, die über die für die Ausübung eines Gewerbes erforderliche Rechtsfähigkeit verfügt, kann die in Abs. 1 genannten Tätigkeiten in der Form und zu den Bedingungen ausüben, die in den Art. 2 und 3 des vorliegenden Gesetzes vorgesehen sind. Personen, auf die einer der folgenden Tatbestände zutrifft, können die genannten Tätigkeiten jedoch nicht ausüben:

c) [Tabakeinzelhändler], Inhaber einer Genehmigung für eine Abgabestelle für den Verkauf mit Aufschlag oder Inhaber einer … Verkaufsstelle, die der Sonderregelung unterliegt”.

Rz. 4

In Art. 2 Abs. 3 des genannten Gesetzes heißt es:

„Die Hersteller und gegebenenfalls die Importeure gewährleisten, dass [die Tabakerzeugnisse] das gesamte Staatsgebiet im Sinne des Art. 1 Abs. 1 erreichen, sofern dort eine Nachfrage besteht.”

Rz. 5

Art. 3 Abs. 1 dieses Gesetzes sieht vor:

„Die Einfuhr und der Großhandelsvertrieb von Tabakerzeugnissen sind unabhängig von ihrer Herkunft erlaubt, unterliegen jedoch der Voraussetzung, dass bei der Kommission für den Tabakmarkt eine Verpflichtungserklärung abgegeben wird, [die geltenden Regeln] zu beachten. …”

Rz. 6

Art. 4 des Gesetzes 13/1998 bestimmt:

„(1) Der Einzelhandel mit Tabakerzeugnissen in Spanien mit Ausnahme der Kanarischen Inseln fällt weiterhin unter ein Monopol, dessen Inhaber der Staat ist, der es über das Verkaufsstellennetz für Tabak und Stempelmarken wahrnimmt.

(2) Die Einzelhandelspreise der verschiedenen Tabakarten, -marken und -sorten, die für den Vertrieb in Spanien mit Ausnahme der Kanarischen Inseln bestimmt sind, werden von den Herstellern oder gegebenenfalls ihren Vertretern oder Bevollmächtigten in der Europäischen Union …...

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